Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 143

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internationale Verfügbarkeit dieser Daten sicherlich einen wichtigen Vorteil für diesen Wirtschaftszweig darstellt.

Ich möchte nun die Gelegenheit nützen, einige Sätze zur kommenden Vereinfachung der Gewerbeordnung zu sagen. Über die Sinnhaftigkeit der Meisterprüfung als Voraussetzung zur Gewerbeausübung muß dabei diskutiert werden. Ich selbst als Tischlermeister würde es begrüßen, wenn gemäß der neuen Gewerbeordnung die Meisterprüfung nicht mehr als Voraussetzung zur Erlangung der Gewerbegenehmigung notwendig wäre. – Zwei Begründungen dafür:

Für die Lehrlingsausbildung ist heute bereits die Lehrlingsausbildungsprüfung erforderlich. Diese müßte auch in der Zukunft eine Voraussetzung für die Ausbildung von Lehrlingen durch Gewerbetreibende oder einen ihrer Mitarbeiter gefordert werden. Den größten Teil der praktischen Tätigkeit lernen die Lehrlinge ohnehin von ihren Arbeitskollegen in ihrem täglichen Arbeitseinsatz. Die schulische Ausbildung ergänzt dann noch die Betriebsausbildung.

Das zweite Problem betrifft die Qualitätssicherheit für den Kunden. Schon heute kümmert sich kaum ein Kunde darum, ob der Betrieb von einem Meister oder von einem Facharbeiter geführt wird. Wichtig für den Kunden ist heute vor allem, daß das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und die Dienstleistung des Betriebes seinen Wünschen entspricht. Die Meisterprüfung sollte allerdings weiterhin aufrechterhalten bleiben. Es könnte in Zukunft als besonderes Qualitätsmerkmal des Betriebes gelten, wenn der Firmenchef die Meisterprüfung abgelegt hat. Dies könnte einen besonderen Werbevorteil bedeuten.

Ich weiß, daß die Abschaffung der Meisterprüfung als Voraussetzung zur Gewerbeausübung eine provokanter Vorschlag ist, Herr Minister! Aber wenn wir eine stärkere Dynamik in unsere Wirtschaft bringen wollen, dann müssen wir sie von jedem nur möglichen Ballast befreien. Wir leben heute in einer veränderten Zeit mit völlig veränderten Rahmenbedingungen für die gesamte Wirtschaft. Wir spüren das in der Wirtschaft sehr deutlich. Darum ist es notwendig, bestehende gesetzliche Auflagen danach zu durchforsten, welche gesetzlichen Vorschriften aufgelassen werden können beziehungsweise wo Vereinfachungen möglich sind. Die notwendigen Beschlüsse sind dann hier im Parlament schnell zu fassen, um damit die Grundvoraussetzungen für ein weiterhin gutes Funktionieren der österreichischen Wirtschaft sicherzustellen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

19.09

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. Ich bitte ihn, zu sprechen.

19.09

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Zu den mich betreffenden Fragen möchte ich zur Information folgendes mitteilen: Morgen wird nach einvernehmlichen Verhandlungen der Regierungsparteien und der Sozialpartner der zweite Teil der Gewerbeordnung zur Begutachtung bis Ende Jänner gestellt werden. Wir haben vorige Woche im Ministerrat einvernehmlich mit einer Maßgabe des Sozialministeriums, die aber koordiniert ist, eine weitreichende Reform des Betriebsanlagenrechtes verabschiedet, sodaß ich dem Bundesrat versprechen kann, daß im nächsten Jahr, hoffentlich recht bald, eine wirklich große Novelle zur Gewerbeordnung, sowohl zum Anlagenrecht als auch betreffend die übrigen Bestimmungen, vorliegen wird.

Ich möchte Sie nicht noch länger aufhalten, daher bringe ich nur Hinweise zu den angesprochenen, wichtigsten Bestandteilen: Wir wollen an der Qualität nichts ändern. Die Meisterprüfung soll bleiben. Es besteht jedoch Einvernehmen darüber, daß die sogenannten Teilgewerbe, deren Umfang zum Teil durch Verordnung meines Ministeriums zu definieren ist, aufgemacht werden. Das heißt: Man kann mit Lehre und Praxis bereits Unternehmen mit null bis fünf Beschäftigen starten. Das ist im Entwurf vorgesehen, den wir zur Begutachtung gestellt haben. Die rund 800 im Gewerberecht befindlichen Berufe werden nach der Gewerbeordnung im Regelungsumfang auf weniger als ein Fünftel gebracht. Für den größten Teil der Gewerbe, die im Gewerberegister auftauchen, besteht also absolute Freiheit.


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