Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 155

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Privatisierung ist für uns Sozialdemokraten kein Dogma und keine Ideologie. Kollege Eisl! Überall dort, wo diese sinnvoll ist und Betriebe dadurch mehr Handlungsspielraum bekommen oder konkurrenzfähiger werden, sind wir Sozialdemokraten auch für Privatisierung. (Bundesrat Eisl : Mehr Freiheit mit Förderungsgeldern!) Überall dort allerdings, wo österreichische Interessen verletzt oder Arbeitsplätze gefährdet werden, sind wir sehr vorsichtig, wenn es darum geht, voreilige Privatisierungen durchzuführen. Die Behandlung der Ausgliederung der Staatsdruckerei ist, wie ich meine, ein sehr gutes Zeichen dafür, daß wir Sozialdemokraten auch sehr flexibel in dieser Frage sind.

Ich teile Ihre Einschätzung betreffend die Staatsdruckerei nicht. Denn durch das Staatsdruckereigesetz, das bereits 1982 in Kraft getreten ist, wurde die Staatsdruckerei als eigener Wirtschaftskörper mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet. Um die Österreichische Staatsdruckerei neu strukturieren und in weiterer Folge privatisieren zu können, bedarf es allerdings einer Umwandlung des eigenen Wirtschaftskörpers in eine Aktiengesellschaft. Diese Gesellschaft wird mit dem Namen Österreichische Staatsdruckerei AG geführt und steht zunächst zur Gänze im Eigentum des Bundes, wobei ich das Wort "zunächst" betone.

Denn zum Spaltungsstichtag am 1. Jänner 1998 wird von dieser Gesellschaft eine GesmbH abgespaltet, die die Herstellung und den Verlag der "Wiener Zeitung" wahrnehmen wird.

Nach dieser Abspaltung ist die Österreichische Staatsdruckerei Aktiengesellschaft zum Zweck der Privatisierung an die ÖIAG zu übertragen. Daher kann ich Ihre Einschätzung, daß es sich hiebei nicht um eine Privatisierung handelt, nicht teilen, wenngleich tatsächlich eine Übergangsphase bis zum 1. Jänner 1998 eingeschaltet wird. Durch den vorliegenden Entwurf wird das Staatsdruckereigesetz an die Richtlinie des Rates der Europäischen Union über die Ko-ordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge angepaßt werden. Damit ist auch ein EU-konformes Agieren möglich. Ich halte das auch deshalb für wichtig, weil wir uns ja auch als Bestandteil der EU sehen und auch die entsprechenden Richtlinien umsetzen wollen.

Da es sich bei all diesen Vorlagen um Maßnahmen zu weiteren Verwaltungsreformen sowie um Maßnahmen zu einer sinnvollen Privatisierung handelt, werden wir Sozialdemokraten gegen diese Vorlagen keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.52

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Anton Hüttmayr. – Bitte.

19.52

Bundesrat Anton Hüttmayr (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zum Staatsdruckereigesetz: Ich meine, wir sind – im Bericht ist es nachzulesen – auf der richtigen Spur. Wir sollten die Formulierung der Gesetze genau lesen. Dort heißt es: Es wird zuerst neu strukturiert und in der Folge privatisiert. Mein Vorredner hat Sie schon darauf verwiesen. Ich möchte mich aus Zeitgründen sehr kurz halten.

Herr Kollege Eisl! Sie haben letzte Woche vom Brückenbauen gesprochen und gesagt, daß wir, wenn wir in eine neue Richtung gehen wollen, durchaus auch Mut brauchen. Ich glaube, mit dieser Materie betreffend diese Druckerei ist man sicherlich in die richtige Richtung unterwegs. Wir sollten daher auch den Mut haben und das positiv sehen. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, daß ein Betrieb, der, wie Sie sagen, im geschützten Bereich tätig ist, dann um 25 Prozent unter den Gestehungskosten verkauft. Das läßt sich mit meinem kaufmännischen Verständnis nicht verbinden, und ich glaube, so ist das auch sicherlich nicht zu sehen.

Bei der Postausgliederung beziehungsweise bei der Postthematik ist die Zustimmung durchaus vorhanden. Wir bekennen uns dazu, daß ein freierer Markt auch einen freieren Wettbewerb erfordert, und das wird durchaus der Fall sein. Daß natürlich auch auf die Einnahmen zu achten sein wird, um neue Investitionen, die der freiere Markt verlangt, vornehmen zu können, ist ganz klar. Ich bekenne mich dazu, daß man in jenem Bereich, in dem man eine Monopolstellung hat, also bei den Postgebühren oder im Zeitungsbereich, in dem sehr viele davon betroffen sind, niedrige Tarife beibehält. Ich rede jetzt nicht von den Parteien, sondern von den freiwilligen


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