Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 166

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Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage vom 17. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag , keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile es ihm.

20.32

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Aufrechter Rest des Bundesrates, der heute noch da ist! Meine Damen und Herren! Die tagespolitische Diskussion der letzten Wochen hat unter anderem auch gezeigt, daß Österreich nicht, wie vorgesehen, im Juli 1997 am Schengener Abkommen teilnehmen wird. Das hat auch der Innenminister selbst gesagt.

Noch drastischer wurde diese Situation im "Standard" vom 26. November dargestellt. Dort heißt es unter anderem – ich zitiere –: "Nicht Österreich ist schuld, sondern der Schengener Zentralcomputer, das Herz der Europäischen Sicherheitsgemeinschaft.

Der Großrechner in Straßburg sei nämlich so konzipiert, daß ihn Österreichs plötzlicher Zugriff überfordern würde.

Daß die Schengener Staaten nur präventiv die Schuld für eine Verzögerung übernehmen, ist ein netter Zug gegenüber Österreich. Die Blamage bleibt aber, sie wird nur etwas gleichmäßiger aufgeteilt. Bisher hat es sowohl in Österreich als auch in Rest-Europa massive Zweifel daran gegeben, ob unsere Grenzgendarmen tatsächlich bis Juli kommenden Jahres die Anforderungen des Schengener Abkommens erfüllen können." – Ende des Zitats.

Unter anderem hat aber auch der deutsche Polizeigewerkschafter Jochen Berend Kritik geübt und hat sogar unseren Innenminister als "Sicherheitsrisiko" bezeichnet, weil er es verabsäumt hat, für die nach Inkrafttreten des Schengener Abkommens für die EU-Außengrenzen erforderlichen Maßnahmen Vorsorge zu treffen. Die österreichische Polizei sei weder personell noch ausstattungsmäßig in der Lage, dem zu erwarteten Ansturm von etwa 2 Millionen Illegaler auch nur annähernd die Stirn zu bieten.

Ich kürze die Argumente ab: Die Hülle, meine Damen und Herren, stimmt, der innerstaatliche Inhalt hier in Österreich ist jedoch mangelhaft.

Das hat aber auch der bayrische Innenminister Günther Beckstein anläßlich des Abbaues von 17 bayrischen Grenzposten zum Ausdruck gebracht. Man wird "Schleierfahndung" – das ist in diesem Zusammenhang ein Begriff – betreiben, das heißt, innerhalb eines 30-Kilometer-Gürtels Bereiche aufbauen, in denen Fahndungskommandos tätig sein und kontrollieren können.

In den "Salzburger Nachrichten" ist das treffend umschrieben: "Grenzen dürfen nicht mehr trennen, aber sie sollen eine Schutzfunktion bieten." Diese Schutzfunktion, meine Damen und Herren, ist im nötigen Ausmaß jedoch nicht gegeben.

Noch ein weiteres Problem: Wenn Sie in Ihren Unterlagen nachsehen, werden Sie feststellen, daß Artikel 41 die Nacheile betrifft. In diesem Punkt hat Italien nach wie vor einen sehr fixen Standpunkt, der nicht dem gleicht, den wir selbst haben. Die Italiener gestatten die Nacheile nur einige Kilometer auf der Autobahn und auf den entsprechenden Straßen.

Es hat sich jedoch gezeigt, daß wir hier aufpassen müssen: Etwa 2 Millionen Illegale in Italien könnten die Gelegenheit nützen und fast ungehindert auf österreichisches Hoheitsgebiet kommen. Allein 1995, meine Damen und Herren, wurden von den Tiroler Behörden 150 Schlepper und 1 063 illegale Einwanderer verhaftet beziehungsweise 61 000 Personen zurückgewiesen!

Was spricht nun jetzt wirklich gegen diese Ratifizierung? – Ich habe es hier schon ein bißchen anhand von Beispielen aus dem Ausland oder von unseren Nachbarn dargelegt: Nachweislich kann die organisierte Kriminalität durch geschlossene Grenzen besser kontrolliert werden als durch offene. Österreich ist schlecht gerüstet. Ein Beitritt wäre unverantwortlich, solange nicht


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