Bundesrat Stenographisches Protokoll 621. Sitzung / Seite 14

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Ich glaube auch, daß es sehr vernünftig ist, daß wir uns auch mit der Frage der Wettbewerbschancengleichheit auf dem österreichischen Kreditsektor ganz allgemein auseinandersetzen. Ich bin daher sehr froh – das betone ich besonders –, daß wir uns vorgenommen haben, nun in aller Vernunft, in aller Ruhe, die Frage des Wettbewerbsvorteils durch Haftungen zu analysieren, über Begutachtungsverfahren zu diskutieren und dann daranzugehen, diese Frage gesetzlich zu regeln. Dabei werden wir über Wettbewerbsvorteile durch Haftungen im Sparkassensektor genauso wie im Hypothekenanstaltensektor – dort erfolgt die Haftung durch die Länder – nachdenken müssen.

Wir werden aber auch zu beachten haben, daß es schon länger entsprechende Diskussionen im Rahmen der Europäischen Union gibt. Gerade der deutsche Bundeskanzler Kohl ist sehr vehement dafür eingetreten, keine schlagartigen, radikalen Veränderungen in diesem Bereich vorzunehmen. Er hat die Kommission – ich möchte es fast so sagen – sehr scharf angegangen und gesagt, er läßt sich den deutschen Sparkassensektor und Landesbankensektor nicht zerschlagen durch die Wünsche der Europäischen Kommission, die Haftungen schlagartig abzuschaffen und ähnliches mehr. – Ich halte den Weg, den wir jetzt in Österreich gegangen sind, für sehr vernünftig.

Zu Ihrer konkreten Frage möchte ich betonen, daß die Haftung, die die Gemeinden bei den Sparkassen in Österreich haben – das trifft auch auf die Haftung der Stadt Wien bei der Bank Austria zu –, eine viel schwächere Haftung ist, als es sie in Deutschland gibt.

In Deutschland haften die Gemeinden im wesentlichen für das laufende Geschäft der Sparkassen. In Österreich hingegen gibt es ausschließlich eine sogenannte Ausfallshaftung. Das heißt, wenn im Liquidationsfall nicht alle Gläubiger bedient werden können, also wenn die Summe der Passiva die Aktiva übersteigt, dann haftet die Haftungsgemeinde nur für diesen Teil, der im Liquidationsfall nicht bedient werden kann. Das ist natürlich eine ganz andere Haftung als etwa die Anstaltshaftung in Deutschland, die eine viel kräftigere und stärkere Haftung ist. Das wird man bei der Erarbeitung eines Haftungsentgeltes entsprechend zu berücksichtigen haben.

Konkret zu Ihrer Frage: Die Haftung der Gemeinde Wien bei der Bank Austria hat aus meiner Sicht Vorteile bei internationalen Emissionen, weil sich dort der Rating-Vorteil mit ein paar Basispunkten einer besseren Finanzierung zu Buche schlägt.

Die Bank Austria hat erklärt, daß sie das durch Eigenmittel finanzieren kann. Diese Frage wird übrigens derzeit auch durch die Kommission der Europäischen Union geprüft.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Anton Hüttmayr: Herr Bundesminister! Und diese Haftung ist EU-konform. – Feststellung.

Meine Zusatzfrage lautet: Planen Sie eine Novellierung des Sparkassengesetzes hinsichtlich Haftungsverzicht und Haftungsentgelt?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte.

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Wie erwähnt ist aus meiner Sicht ein sehr positiver Erfolg von Samstag nacht, daß sich die Regierungsparteien dazu verstehen, in aller Sorgfalt und in aller Ruhe die Frage der Wettbewerbsverzerrungen durch Haftungen, etwa durch Haftungsgemeinden im Sparkassensektor, zu prüfen. Ich sage nur gleich vorweg: Wir werden dann auch über die Gleichbehandlung in Österreich nachdenken müssen, etwa hinsichtlich der Haftung der Länder bei den Hypothekenanstalten. Das ist zwar noch nicht vereinbart, aber darüber müssen wir als anständige Gesetzgeber schon auch nachdenken.

Aber zunächst geht es darum, daß wir uns dazu verpflichtet haben, ein Gesetz auszuarbeiten, das dieser Frage – entweder Haftungsverzicht oder Haftungsentgelt, das die Wettbewerbsvorteile zumindest teilweise abgelten soll – Rechnung trägt.


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