Bundesrat Stenographisches Protokoll 621. Sitzung / Seite 78

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stehen, ein besonderes Maß an Jugendschutz auch im Arbeitnehmerschutzbereich erforderlich. Was hätten wir davon, wenn wir das wahllos aufheben würden und dann erhebliche Unfälle zur Kenntnis nehmen müßten? Aber bitte geben Sie nicht das ungesiebt weiter, was Sie vielleicht in der Zeitung lesen, etwa daß Maler nicht auf das Gerüst dürfen. Das stimmt überhaupt nicht.

Wir haben erstmals, auch nach langen Diskussionen mit dem Koalitionspartner, erreicht, daß wir den Lehrwerkstätten, in denen Unternehmungen über ihren Bedarf hinaus Lehrlinge ausbilden, zusätzliche Förderungen geben, denn wir dürfen eines nicht: daß wir gerade diesen jungen Menschen – da stimme ich mit Ihnen völlig überein – jetzt keine Ausbildungsmaßnahmen geben. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. )

Wir haben – und das dürfte Ihnen auch entgangen sein – im Sozialministerium mit dem Arbeitsmarktservice festgelegt, daß diese 15jährigen Menschen, die jetzt aus der Schule gekommen sind, innerhalb von sechs Monaten entweder einen Lehrplatz finden – was nicht immer sofort möglich ist – oder eine von ihnen angestrebte sonstige Beschäftigung oder eine zusätzliche berufsfördernde Maßnahme ergreifen können, denn nicht alle sind sofort nach dem Schulabschluß in der Lage, eine Lehre zu finden. Wo hat es das je vorher gegeben? Sagen Sie mir ein zweites Land in Europa oder sonst irgendwo, wo es diese Garantie für junge Menschen gibt, daß sie innerhalb von sechs Monaten entweder eine Lehre – das ist leider nicht immer möglich, ich bemühe mich, so viele Lehrplätze wie möglich zu finden – oder eine von ihnen freigewählte Beschäftigung haben oder zumindest durch eine berufsfördernde Maßnahme unterstützt werden? (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich hoffe, Sie haben das bisher auch gewußt! Ansonsten würde ich Sie bitten, das auch weiterzutragen.

Die Regierung ist dabei, mehr und mehr auch die Klein- und Mittelunternehmungen zu fördern. Wir haben natürlich das Problem, daß viele große Unternehmungen auch aus dem Bereich der früheren verstaatlichten Industrie Lehrwerkstätten geschlossen haben. Es ist notwendig – ich bin diesbezüglich mit dem Wirtschaftsminister im ständigen Kontakt –, daß wir die gesamte Lehrausbildung reformieren. Wir müssen in der Grundausbildung ein bißchen zurücknehmen und müssen auf Weiterbildung setzen. Wir müssen aber auch vermehrt schauen, daß die Grundausbildung breitflächiger wird. Wir haben auch hier bereits bestimmte Maßnahmen und Förderungen getroffen. Es gibt eine ganze Palette von Maßnahmen für junge Menschen. 600 Millionen zusätzlich stehen für junge Menschen im Bereich der Arbeitsmarktförderungen zur Verfügung, und wir werden danach trachten, dieses Problem auch zu lösen, obwohl nicht wegdiskutiert werden kann, daß es natürlich erheblich schwerer ist, wenn wir gerade in diesen Jahrgängen, wie gesagt, 8 500 15jährige mehr als vor zwei Jahren haben. Das ist eine Herausforderung für alle, und ich bitte aber auch, daß wir diese Kampagne – es ist fast eine Kampagne – der Verunsicherung der Unternehmer nicht ständig fortsetzen, indem ununterbrochen erklärt wird, was die Lehrlinge alles nicht dürfen. Das stimmt ganz einfach nicht.

Zur Frage der Kündigung, des Kündigungsschutzes: Hier ist eine andere Voraussetzung gegeben. Sicher haben junge Menschen in ihrer Entwicklung fallweise auch kurze Perioden, innerhalb derer sie vielleicht Probleme haben. Wenn wir dann die jungen Mädchen und Burschen sofort kündigen und aus der Ausbildung nehmen würden, dann wäre das nicht nur für den Betrieb, nicht nur für die jungen Menschen, sondern für die Wirtschaft und für die ganze Volkswirtschaft fürchterlich schlecht, denn diese jungen Menschen, die wegen vorübergehender kurzer Schwierigkeiten aus der Lehre ausscheiden, wären Lehrabbrecher, die dann nie mehr den richtigen Schritt gehen würden. Das hat doch alles einen Sinn, was hier beschlossen wurde, und wir dürfen jetzt nicht mit einem quasi falsch verstandenen Neoliberalismus alles wegdiskutieren, was es bisher an sinnvollen Maßnahmen gegeben hat.

Ich bin bereit – und das läuft auch schon –, mit den Vertretern der Wirtschaft, der Klein- und Mittelunternehmungen, mit den Arbeitnehmervertretungen genau nochmals alle Arbeitnehmerschutzbestimmungen durchzugehen, Branche für Branche, und Sie sind herzlich eingeladen, hier mitzuwirken.


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