Bundesrat Stenographisches Protokoll 621. Sitzung / Seite 85

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zynisch: Denn übersetzt bedeutet "global player" in etwa "Weltspieler". Sozialpolitik hat allerdings mit Spiel überhaupt nichts zu tun! Die eine Million Armutsgefährdeten werden wenig Verständnis dafür haben, daß einzelne Österreicher versuchen, sich als "global players" zu gebärden. – Helmut Frisch sagte vor wenigen Tagen: Durch die Teilnahme an der EU und an der Währungsunion werden wirtschaftspolitischer Spielraum und wirtschaftspolitische Autonomie aufgegeben, und wir sind nicht mehr in der Lage, unsere Aufgaben für uns selbst zu erledigen. Wir werden gezwungen, Aufgaben der anderen auch noch zu unserer nicht sehr rosigen sozialen Situation dazu zu nehmen.

Wer vertritt denn nun die Arbeitenden, meine Damen und Herren? – Darauf könnte man sehr einfach sagen: Sie vertreten die Arbeitenden! (Bundesrat Ing. Penz: Auf der einen Seite nennen Sie den christlichen Ansatz, auf der anderen Seite sind Ihnen die Leute egal!) Wenn Sie einen Einwurf zu machen haben, können Sie sich ja zu Wort melden und mir diesen Vorwurf nachher machen! In diesem Zusammenhang liegen Sie total falsch, das möchte ich Ihnen doch sagen! (Bundesrat Ing. Penz: Ich danke Ihnen für die Belehrung!)

Wer vertritt nun die Arbeitnehmer? (Bundesrat Prähauser: Die Sozialdemokraten!) Das ist eine einfache Aussage! Das ist das, was ich mir von Ihnen erwartet habe! Ich danke für das Stichwort! – Aber warum laufen Ihnen die Arbeiter davon? Warum wählen immer mehr Arbeitende die Freiheitliche Partei? (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Ruf: Weil sie Ihnen auf den Leim gegangen sind!)

Zehn Jahre lang gehen die Arbeiter auf den Leim! Zehn Jahre lang haben Ihre Leute dazu beigetragen, daß die Freiheitlichen eine Erfolgsbilanz aufzuweisen haben, wie einst nach dem Krieg Betriebe, die ein gutes Produkt anzubieten hatten. (Bundesrat Prähauser: Man kann Lügen auf den Leim gehen!) Wir sind es, die die Arbeitenden vertreten, und nicht die Sozialdemokraten! Sie haben abgedankt, meine Herren! Die Arbeitenden werden von den Freiheitlichen vertreten! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Prähauser: Jede Märchenstunde hat einmal ein Ende!)

Die Regierungsprogramme und die diversen Absichtserklärungen, in denen stets von einem Wachstum gesprochen wird, wurden nur von einem Mann halbwegs realistisch gesehen, nämlich von Herrn Bundeskanzler Vranitzky, der das Wort "Nullwachstum" gepredigt hat. Aber wo ist die realistische Sicht, daß man den Leuten sagt: In der nächsten Zeit wird es keine Zuwachsraten mehr geben!? Ich höre niemanden, der auf Ihrer Seite sagt: Liebe Österreicher und Österreicherinnen! Wir haben eine Rezession zu prognostizieren, und daher haben wir zu prognostizieren, daß die Zahl der Arbeitslosen steigt! – Das muß man den Österreichern einmal mutig sagen, denn es gibt überhaupt keinen Grund, auch wenn Sie Sozialdemokrat sind und gern rot sehen, die Zukunft rosig zu sehen.

Unser Wohlfahrtsstaat, meine Damen und Herren, und somit auch das Sozialsystem sind durch die Permanenz des Budgetdefizits stärkstens gefährdet. 1996 werden für die Zinsen der Staatsschulden 97 Milliarden Schilling gezahlt. Das ist etwa soviel wie das Nettodefizit, welches 89 Milliarden Schilling beträgt. Die Umverteilungseffekte in Form von Steuern und Transferzahlungen werden für die Nutznießer, aber auch für die, die das zahlen müssen, immer weniger transparent. Durchschauen Sie dieses System? – Es werden schöne Bücher, Berichte, Budgetvorhersagen, Budgetbetrachtungen, Sozialberichte verfaßt. Aber können Sie durchschauen, wie die Gelder laufen? – Und immer wird es schlechter für den Österreicher! Knapp 1 Million leben an der Armutsgrenze. Mit diesen Büchern wird bestenfalls verschleiert, wie es für Herrn und Frau Österreicher steht. Sie werden aber keinesfalls klüger daraus, sodaß sie sagen können: Ich müßte mich selbst beschränken.

Das Pensionssystem ist in ärgster Gefahr. Es ist gewissermaßen knapp vor dem Zusammenbrechen. Aber darüber spricht man nicht gerne! Das Ganze erinnert ein bißchen an die Situation eines Gewichthebers. (Zwischenruf des Bundesrates Ing. Penz. ) Sie können beim Leichtgewicht antreten, Herr Kollege! (Bundesrat Ing. Penz: Mit Ihnen nehme ich es noch jederzeit auf!) Aber es gibt einige, die könnten beim Schwergewicht antreten.


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