Bundesrat Stenographisches Protokoll 621. Sitzung / Seite 88

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versicherungsträger bedeuten. Die bisherige kostenlose Arbeit der Betriebe trotz des rauhen Winds, der derzeit in der Wirtschaft herrscht, könnte meiner Meinung nach dadurch honoriert werden, daß die Wirtschaft keine Kosten bezahlt und dadurch auch die indirekten Lohnnebenkosten gesenkt werden, was gleichzeitig auch ein Signal für die Wirtschaft wäre.

Es ist für mich unverständlich, daß Einsparungen von zirka 458 Millionen Schilling bei den Sozialversicherungsträgern nicht schon längst genutzt wurden beziehungsweise werden, zumal die Krankenkassen enorme Defizite haben. In Ihren vorherigen Ausführungen, Herr Minister, haben Sie das selbst bestätigt. In Anbetracht dessen ist es für mich als Unternehmerin verwunderlich, daß man, obwohl es zum Beispiel in Luxemburg schon seit zehn Jahren die Chipkarte gibt, in Österreich nur mit Mühe daran geht, das überhaupt einzuführen, denn ein solches System wäre praktischer und viel kostengünstiger.

Herr Sozialminister Hums! Sie haben heute gesagt – Sie haben es auch im Sozialbericht geschrieben, und es steht auch im Ausschußbericht des Bundesrates über die soziale Lage –, daß die größte Herausforderung für die Zukunft für Österreich und für die EU darin besteht, die Sicherung der Vollbeschäftigung zu erreichen. In Anbetracht dessen sind gerade wir als Gesetzgeber verpflichtet, dementsprechend wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Das bedeutet für mich auch: nur soviel Staat wie unbedingt notwendig und so viel Freiheit für die Bevölkerung, aber auch für die Wirtschaft wie möglich. – Denn im Betrieb selbst kann am besten abgeschätzt werden, was wichtig und notwendig ist, um das Bestehen des Betriebs zu sichern. Das wissen die Arbeitgeber und auch die Arbeitnehmer, und die Praxis zeigt es.

Die Realität schaut aber leider anders aus. Anstatt daß wir von der Gesetzgebung her die Rahmenbedingungen ändern, beschränken wir uns auf das Reden. Wir sagen: Wir schaffen Arbeitsplätze. – Ich habe aber noch nie gesehen, daß man durch Reden Arbeitsplätze schafft! Denn Arbeitsplätze schaffen die Betriebe und die Arbeitnehmer mit ihrer Arbeit, wenn sie die Aufträge gut ausführen und wenn sie termingerecht liefern. Wenn am nächsten Tag der Auftrag ausgeliefert sein muß, kann man nicht sagen: Um sechs Uhr ist Schluß, es darf nicht mehr gearbeitet werden. – Denn sonst wird der Auftrag storniert und man bekommt keinen Anschlußauftrag mehr. – So schaut es nämlich in der Wirtschaft aus! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe in den letzten Tagen oft mit Unternehmerinnen und Unternehmern gesprochen, und ich habe festgestellt und war richtig schockiert darüber, daß eine sehr düstere Stimmung herrscht. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Österreich stimmen nicht mehr. Viele Betriebe lagern aus. Sie sprechen nicht einmal mehr darüber. Sie sind unzufrieden, aber sie sagen nichts, sondern machen ihre Konzepte und gehen in andere Länder, ohne etwas zu sagen. Das ist das ärgste, denn das bedeutet für mich, daß sie resigniert haben. – So schaffen wir sicherlich keine Arbeitsplätze!

Ich möchte hier ein Beispiel nennen: Mit dem Arbeitsruhegesetz haben wir festgelegt, daß man 66 Stunden offenhalten kann. Wir haben das aber an derartige Bedingungen geknüpft, daß die kleinen Handelsbetriebe keine Möglichkeiten und Chancen haben, am Samstag länger offenzuhalten, weil sie sonst die Leute am nächsten Samstag nicht zur Verfügung haben. Es bestätigt sich jetzt auch in der Praxis, daß es keine Zukunft haben wird, wenn die Kleinen und die Großen nicht zusammen offen haben. Alle Möglichkeiten des Offenhaltens nützen nichts, wenn Bedingungen daran geknüpft werden, die der einzelne Betrieb nicht erfüllen kann.

Wir in der Politik belasten die Betriebe noch mehr und regeln alles noch enger beziehungsweise knüpfen – wie vorher gesagt – Bedingungen an Erleichterungen, die letzten Endes gerade für Klein- und Mittelbetriebe, aber auch für die Industrie, untragbar sind, siehe Krankenschein. Herr Bundesminister! Ich richte daher nochmals im Namen der Vorarlberger Bundesräte an Sie das dringende Ersuchen, in Vorarlberg den Pilotversuch mit der Versicherungskarte zu genehmigen, zumal Fachleute der Meinung sind, daß dieser Termin wegen Abklärung vieler sensibler Bereiche nicht zu halten ist. Selbst der Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Richard Leutner, zweifelt daran, daß die Chipkarte ab 1. 1. 1998 eingeführt werden kann. Mit Ihrer Antwort auf unsere Anfrage haben Sie uns keinesfalls zufriedengestellt.


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