Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 14

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Das heißt, hier muß die Entrümpelung der Studienpläne rasch und sehr konsequent vollzogen werden, auch wenn vielleicht für den einen oder anderen damit die Summe seines Einkommens aus Prüfungstaxen ein bißchen geringer wird. Aber es ist ein Problem, das zu lösen wir unserer Jugend schuldig sind, unserer Wirtschaft schuldig sind, und es ist daher sehr wichtig, daß wir uns dem Bereich der Ausbildung offen und ohne Scheuklappen widmen, damit wir eben diese kraftvolle, gut ausgebildete Jugend in Österreich weiterhin haben.

Ich bin überzeugt davon, daß wir in der Bundesregierung in guter Zusammenarbeit mit all den dafür notwendigen Kollegen im Sozialministerium, im Wirtschaftsministerium, im Unterrichtsministerium und im Wissenschaftsministerium in den nächsten drei Jahren sehr erfolgreiche Schritte setzen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine kurze Bemerkungen nur: Wir haben im Rahmen des Konsolidierungspaketes Entscheidendes für die finanzielle Entlastung unserer Pensionssysteme getan. Wir haben es in einer Form getan, die die Rechte der Menschen sichert, wir haben es aber auch in einer Form getan, mit der wir das, was wir alle für Rechtens halten, daß es nämlich erforderlich ist, das faktische Pensionsalter schrittweise an das gesetzliche Pensionsalter heranzuführen, tatsächlich auch erreichen werden. Wir haben in den ersten neun Monaten des Jahres 1996 noch einen Boom von Frühpensionierungen gehabt, aber in den letzten Monaten wirken diese Maßnahmen bereits und tragen auch zu einer finanziellen Entlastung des Pensionssystems bei.

Ich stehe aber nicht an, in aller Deutlichkeit zu sagen, daß wir uns mit entsprechenden wissenschaftlichen, ökonomischen, politischen Analysen auseinanderzusetzen haben über die Formen der Pensionssicherung im Jahr 2020, 2030, 2040 und danach, aber in einer Form, die den älteren Menschen die Sicherheit gibt, aber auch in einer Form, die den Menschen, die heute das Pensionssystem durch ihre Beiträge am Leben erhalten, auch die Sicherheit gibt, daß sie nachher noch eine Pension bekommen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte noch einen Punkt kurz ansprechen, und das ist der nötige Wandel innerhalb des Staates selbst. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie mit einem Niederländer reden, wenn Sie mit einem Luxemburger reden, wenn Sie mit einem Finnen reden, so werden die sagen: Liebe Freunde, der österreichische Bürger kommt sich gegenüber dem Staat und den staatlichen Funktionen häufig mehr als Bittsteller vor denn als bewußter, selbstbewußter Empfänger einer Dienstleistung dieser Behörde. Das heißt, wir wissen – und das wollen wir auch umsetzen –, daß wir den Weg vom Hoheitsstaat in Richtung Dienstleistungsstaat für die Bürger dieses Landes gehen müssen und gehen werden.

Wir wissen auch, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es eine kritische Auseinandersetzung darüber geben muß, welche Funktionen der Staat in Zukunft in welcher Form zu erbringen hat. Ich meine, daß wir da folgende Fehler nicht machen dürfen: Wir dürfen weder den Fehler machen, aus Ideologie und juhu, weniger Staat, weniger Staat, weniger Staat, notwendige zentrale Aufgaben der staatlichen Verwaltung oder der staatlichen Leistung zu vernachlässigen, noch dürfen wir auf der anderen Seite den Fehler machen, zu sagen, es darf sich überhaupt nichts ändern, es muß alles so bleiben, wie es ist, wiewohl wir in den letzten 40, 50 Jahren doch den Markt, unsere Gesellschaft sehr stark verändert haben.

Ich ersuche und ich bitte daher darum, daß wir auch da nicht mit Scheuklappen an die Arbeit gehen, sondern mit großer Offenheit sehr sorgfältig überprüfen, ob gewisse Dienstleistungen, die durch den Staat erbracht werden, nicht vielleicht sogar verstärkt erbracht werden sollen.

Ich erinnere mich noch sehr genau an ein Wort des ehemaligen Präsidenten der Caritas, Schüller, der gemeint hat: Wenn wir alle ideale Menschen wären, wenn wir einen idealen Markt hätten, dann bräuchten wir den Staat nicht, um den sozialen Ausgleich sicherzustellen in diesem Lande. Nur, das sind wir nicht. Schüller hat damals formuliert: Spätestens seit dem Sündenfall ist klar, daß der Markt nicht den sozialen Ausgleich regelt, sondern daß das eine ganz wichtige Funktion des Staates ist und sein muß, meine sehr geehrten Damen und Herren!


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