Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 13

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Ich möchte Sie, meine Damen und Herren, bitten, wenn ich jetzt nicht alles aufzähle, nicht daraus zu schließen, daß es mir nicht bewußt ist. – Ich glaube, Sie haben mir eine halbe Stunde Redezeit vorgegeben, und diese ist schon fast um. (Ruf: Keine Zeitvorgabe!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines möchte ich in zwei, drei Sätzen noch sagen: Wir leben in der Diskrepanz, drittreichstes Land Europas zu sein, und trotzdem zunehmend Armut in Österreich feststellen zu müssen. Ich sage ganz offen, das macht mich auch persönlich betroffen. Diese Armut können wir nicht mit Mißbrauchsdebatten in irgendeiner Form abtun. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir dürfen diese Armut nicht verniedlichen und quasi individualisieren, der einzelne sei schuld. Wir wissen, daß Menschen in Lebenssituationen kommen können, wenn sie den Job verlieren zum Beispiel, wenn etwa alleinerziehende Mütter oder auch Familien mit geringem Einkommen die durchaus manchmal sehr hohen Wohnungsmieten in Österreich nicht bezahlen können, da muß man gar nicht krank oder pflegebedürftig sein, wo auch in Zukunft ein soziales Netz zur Verfügung stehen muß, damit diese Menschen nicht ausgegrenzt werden, damit sie zu einer finanziellen, aber auch zu einer sozialen Integration in unserer Gesellschaft kommen.

Wir müssen unseren Sozialstaat modernisieren. Die Frau Bundesminister hat das bereits klar und deutlich gesagt. Wir sind nicht in der Lage, Leistungen, die wir jenen Menschen, die in solche Situationen gekommen sind, geben müssen, allen zu geben, wir können sie nicht mit der Gießkanne verbreiten. Wir werden daher gemeinsam in der Bundesregierung Mittel und Wege finden müssen, die Transferleistungen auf solche Menschen zu konzentrieren, die diese tatsächlich brauchen, um jenes soziale Netz, das in Österreich so wichtig ist, auch in Zukunft erhalten zu können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich hätte jetzt noch sehr gerne mit Ihnen über die Fragen der Lehrlingsausbildung, die Fragen der Schulausbildung, die Fragen der Hochschulausbildung gesprochen. Aber leider ist die Zeit schon sehr knapp.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen die Qualität der dualen Berufsausbildung in Österreich, die Qualität der Facharbeiterausbildung auf dem gegenwärtigen Niveau erhalten. Warum kommen denn internationale Unternehmen nach Österreich, was zugleich Zehntausende Arbeitsplätze bedeutet? Warum kommen BMW, General Motors, Chrysler, Philips, Siemens und wie sie alle heißen mögen? Nicht weil wir ein Billiglohnland sind! (Bundesrat DDr. Königshofer: Weil sie hier absahnen!) Ach so, Herr Kollege? Siemens hat investiert, seitdem wir in der Europäischen Union sind. Sie wissen ganz genau, daß es da Wettbewerbsregeln gibt, und ich finde es sehr, sehr unfair, daß Sie den Grund nicht anerkennen. Die kommen nämlich, weil wir gut ausgebildete Facharbeiter, gut ausgebildete Ingenieure, gut ausgebildete Leute insgesamt haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Entschuldigen Sie, ich will in der Regierungserklärung nicht polemisieren, aber eines bitte ich Sie schon: Zur Kenntnis zu nehmen, daß wir hervorragend ausgebildete Facharbeiter haben und daß das einer der Hauptgründe ist, warum sich Industrieunternehmen für eine Ansiedlung in unserem Lande interessieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das müssen wir in Zukunft erhalten. Wir werden ein System finden müssen, bei dem jene Unternehmen, die ausbilden, Unterstützung bekommen, und zwar auch von jenen Unternehmen, die sich dieser Mühe nicht mehr unterziehen. Wir werden ein gemeinsames System finden müssen, um diese hohe Qualität der Facharbeiterausbildung in Österreich erhalten zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden uns – auch das sage ich ganz leidenschaftslos – mit der Frage der Lehrpläne, auch mit der Frage der Lehrpläne an den Universitäten auseinandersetzen müssen. Wir können es uns nicht leisten, eine der höchsten Drop-out-Raten zu haben – zum Beispiel an der Technischen Universität –, wir können es uns nicht leisten, eine Studiendauer an der Technischen Universität zu haben, die zu den längsten zählt.


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