Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 76

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erwähnt, teilweise auch kritisch beurteilt. Ich halte beispielsweise die Zusammenlegung des Sozialministeriums mit dem bisherigen Gesundheitsministerium für durchaus zweckmäßig. Diesen Umstand sollten sich auch jene vor Augen halten, die die Kompetenzarmut des Gesundheitsministeriums bisher immer kritisiert haben.

Auf der anderen Seite halte ich es nicht für der Weisheit letzter Schluß, was alles an Zuständigkeiten beim Bundeskanzleramt sozusagen zwischengeparkt wurde. Das Bundeskanzleramt hat einerseits – obwohl es in erster Linie für die Koordinierung der Regierungsarbeit und der wesentlichen Instrumentarien der Regierungspolitik zuständig wäre – eine ganz wesentliche Koordinierungskompetenz, nämlich jene hinsichtlich des Personals, abgegeben und hat sie für ein Sammelsurium sonstiger Zuständigkeiten eingetauscht.

Das Bundeskanzleramt ist nun in der Person der Frau Bundesministerin für Frauenangelegenheiten nicht nur für Frauen zuständig, in der Person des Herrn Staatssekretärs nicht nur für Sport und Kunst, sondern auch für den Konsumentenschutz, das Veterinärwesen, den Giftverkehr, die Gentechnik, die Tierkörperbeseitigung und dergleichen mehr. Als Kuriosität besonderen Ranges wird die Frau Bundesministerin für Frauenangelegenheiten im Rahmen der Zuständigkeiten, die aus dem Gesundheitsministerium übernommen wurden, nicht nur für den Schutz vor erotisierenden Strahlen, sondern auch für den Schutz vor ionisierenden Strahlen zuständig sein.

Das ist der eine Gesichtspunkt, wobei ich zugebe, daß dieses Problem nie ganz zufriedenstellend gelöst werden wird können, weil es die ideale Zuständigkeitsverteilung nicht geben wird. Wir kennen das auch von ausländischen Diskussionen.

Womit wir in Österreich ein Problem haben, ist, daß wir verhältnismäßig wenig Kontinuität in der Zuordnung von Aufgaben zu den Bundesministerien haben. Das hat ein bißchen den Charakter der Beliebigkeit. Es vergeht kaum eine Regierungsumbildung, bei der nicht Ministerialverwaltungen hin- und hergeschoben werden mit einem nicht ganz unbeachtlichen Aufwand an Folgekosten, die in diesem Zusammenhang im Bundesministeriengesetz in der beantragten Änderung völlig im dunkeln bleiben, und zwar zwangsläufig im dunkeln bleiben, weil es sich um einen Initiativantrag gehandelt hat und der Nationalrat bekanntermaßen durch das Bundeshaushaltsgesetz nicht verpflichtet ist, sich über die Folgekosten Gedanken zu machen. Es wäre aber nicht schlecht, wenn man es trotzdem täte.

Zu einer schlüssigen Zuständigkeitsverteilung gehört natürlich auch, daß die zahlreichen Doppelgleisigkeiten und Doppelzuständigkeiten vermindert werden. Es gibt ja nur mehr verhältnismäßig wenig behördliche Akte der Bundesministerien oder Verordnungsermächtigungen, für die nicht auch die Mitzeichnung eines zweiten, dritten oder sogar vierten Bundesministeriums erforderlich ist. Das ist in der Verwaltungspraxis außerordentlich hemmend.

Ich begrüße daher ausdrücklich die feste Entschlossenheit des Herrn Bundeskanzlers, die Zuständigkeitsverteilung der Bundesregierung nachhaltig zu verändern und besser zu strukturieren. Ich gehe davon aus, daß in absehbarer Zeit eine Novelle zum Bundesministeriengesetz eingebracht werden wird, die diesen genannten Gesichtspunkten der Verwaltungsökonomie und der Reibungslosigkeit der politischen Koordinierung besser Rechnung trägt.

Zu einer reibungsloseren Regierungsarbeit gehört natürlich, daß sich die Ministerien von jenem Ballast befreien, der in diesen zahlreichen behördlichen Einzelfallgenehmigungen liegt, in der Weise zustande kommend, daß für eine Rodungsbewilligung, die bei der Bezirkshauptmannschaft anhängig ist, der Akt über die Landesregierung nach Wien geschickt wird, dort auf eine Rundreise durch die Ministerien geht und dann wieder zurück zu den Antragstellern kommt.

Diesbezüglich gab es im Jahre 1990 eine sehr revolutionäre Zielsetzung der damaligen Koalitionsregierung, daß nämlich die behördlichen Zuständigkeiten der Bundesministerien auf jene Fälle zu beschränken seien, in denen eine bundesweit zentrale Entscheidung absolut unerläßlich ist.


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