Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 113

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

noch immer Zahlungsverpflichtungen in unvermindertem Ausmaß unterliegen. Das Ergebnis, daß dann der Mieter vielfach über dem fiktiven Kaufpreis Zahlungen geleistet hat, das Objekt aber weiterhin im Eigentum der gemeinnützigen Wohnbauvereinigung verbleibt – was dann gemeinnützig ist, weiß ich nicht –, ist untragbar. Dieses Unrecht müßte durch die Schaffung einer vorzeitigen Tilgungsmöglichkeit und durch die Erleichterung des Erwerbs von Eigentum an Genossenschaftswohnungen behoben werden.

In bezug auf das Wohnungseigentumsgesetz ist zum Artikel 3 kritisch festzuhalten, daß die Betriebskostenabrechnung unverändert nicht vereinheitlicht ist, denn für die Rücklage und Instandhaltungs- und Verbesserungsarbeiten soll weiterhin nach den Nutzwerten abgerechnet werden. Zu überlegen wäre daher gewesen, ob der Nutzwert nicht ganz allgemein die sachgerechte Aufteilungsgrundlage wäre, die auch für die Mieter durchaus in Betracht käme.

Erlauben Sie mir abschließend eine strukturelle Bemerkung. Das bereits gestern im Rechtsausschuß quer durch alle Fraktionen angesprochene Fernziel, daß auch die wohnungsrechtlichen Gesetze in einer für den existentiell von ihnen betroffenen Bürger verständlichen Weise formuliert sein sollten, kann ich nur mit Nachdruck unterstreichen. Ich bin mir freilich dessen bewußt, daß dieses demokratiepolitisch vorrangige Anliegen wohl nicht nur an der Schwierigkeit der Sachmaterie, die ja sehr technisch ist, scheitert, sondern wohl mehr noch daran, daß es eine Zurückhaltung und Selbstrücknahme der Interessenvertretungen auf diesem sensiblen Gebiet verlangen würde, die bei deren Selbstverständnis fast schon an Abstinenz und Selbstverleugnung grenzen würden.

Alles in allem muß ich daher bei dieser Novelle von einem Gesetz der versäumten Gelegenheiten sprechen oder, mit anderen Worten, von einer bloß weiteren Episode in einer unendlichen Geschichte der glücklosen und jedes Gesamtkonzepts entbehrenden österreichischen Wohnrechtsgesetzgebung. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.37

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Martin Bartenstein. Ich erteile ihm das Wort.

17.37

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Bundesrates! In Vertretung des Herrn Justizministers, der durch einen Auslandsaufenthalt an der Teilnahme an der heutigen Bundesratssitzung verhindert ist, darf ich folgende Erklärung zum Verhandlungsgegenstand abgeben:

Meine Damen und Herren des Bundesrates! Von den drei Schwerpunkten der gegenständlichen Vorlage haben die Befristungsregelungen und die Abrechnungsbestimmungen in "Mischhäusern" ihre Wurzeln im 3. Wohnrechtsänderungsgesetz beziehungsweise in den Umständen dessen Gesetzwerdung, in deren Neuregelung im Zusammenhang mit der Mietzinsreserve im Wegfall der früheren steuerlichen Regelung durch das Strukturanpassungsgesetz 1996.

Wenn auch das geltende Mietrechtsgesetz 1981 vom Mietengesetz das Grundverständnis übernommen hat, daß der vom Vermieter bloß beschränkt kündbare Mietvertrag auf unbestimmte Zeit der Regelfall sein soll – darauf haben ja verschiedene Damen und Herren jetzt gerade Bezug genommen –, so hat es doch befristete Mietverhältnisse bis zu einer Dauer von höchstens einem halben Jahr zur Gänze aus seinem Geltungsbereich ausgenommen und Fristverträge bis zu einer Höchstdauer von einem Jahr gestattet. Vor allem die Halbjahresverträge hatten in der Praxis gerade für sozial schwächere Mieter zu den heute schon angesprochenen erheblichen Problemen und Benachteiligungen geführt und waren auch Ansatzpunkt für viele Umgehungsversuche. Ihre Beseitigung war daher eines der wichtigsten Anliegen des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes.

Zugleich wurde anstelle der Ein-Jahres-Mietverträge die Möglichkeit zum Abschluß eines Wohnungsmietvertrages auf genau drei Jahre ohne befristete Verlängerungsmöglichkeit geschaffen. Diese starre gesetzliche Vorgabe verhindert zum einen die individuelle Wahl einer den Bedürfnissen der Vertragsparteien entsprechenden Vertragsdauer und stellt zum anderen den


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite