Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 50

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zusammengearbeitet wird, daß die besonders begabten Jugendlichen im Wirtschaftsbereich Projekte durchführen können.

Begabtenförderung geschieht zum Beispiel in unseren vielen Schulen mit musikalischem Schwerpunkt, in denen die Schüler ein Instrument lernen, auf Orchesterreisen gehen, die Schule darauf Rücksicht nimmt und dafür der Unterricht geblockt wird. Das alles ist bereits Begabtenförderung.

Für ganz speziell Hochbegabte soll es dann noch die Möglichkeit geben, an der Universität bereits frühzeitig Vorlesungen zu besuchen, eventuell die Matura früher abzulegen. Das ist gesetzlich durchaus möglich.

Ich werde noch versuchen, in Gesprächen mit den Hochschulen zu erreichen, daß die Vorlesungen, die man besucht hat, die Prüfungen, die jemand abgelegt hat, auch auf ein reguläres Studium angerechnet werden, was ja laut Universitäts-Studiengesetz durchaus möglich ist.

Ich muß zu diesem Antrag sagen, er ist entbehrlich, weil zu spät, weil alles bereits geschieht.

Zu dem Entschließungsantrag bezüglich der Rechtschreibreform kann ich genauso wie im Nationalrat, wo ja dieser Antrag auch eingebracht wurde, feststellen, daß die Rechtschreibreform kein Gesetzeswerk ist. Es kann auch niemand angezeigt werden, der nicht richtig schreibt, niemand kann deswegen verurteilt werden. (Heiterkeit.) Es ist also kein Gesetzeswerk, es ist eine Vereinbarung – eine Vereinbarung! – zwischen den deutschsprechenden Staaten. Daß einmal nach hundert Jahren neue Regelungen in der Rechtschreibung kommen, ist ganz natürlich. Die Sprache entwickelt sich, und mit der Sprache entwickelt sich auch die Schreibweise.

Zu meiner Schulzeit wurde "Friseur" noch nach der alten Schreibweise geschrieben. Heute hingegen ist es selbstverständlich, daß man "Friseur" auch mit "ö" schreiben kann. Mir kommt es immer noch komisch vor, wenn ich es sehe, aber das ist eine Alterserscheinung.

Ich meine also, daß diese Rechtschreibreform ein Entwicklungsschritt ist, der eine lange Übergangszeit hat. Ich habe bereits Gespräche mit dem deutschen Kollegen, Herrn Minister Rüttgers, geführt, der der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz ist und der mir gesagt hat, daß in Deutschland an keinerlei Zurückstellung oder Änderung gedacht sei.

Ich muß auch ganz klar feststellen, daß die Kosten immer weit übertrieben werden. Es ist überhaupt nicht notwendig, alle Bücher, in der Belletristik und überall, umzustellen. Es gibt heute auch Bücher vom Anfang unseres Jahrhunderts, in denen anders geschrieben ist, als man jetzt schreibt. Und Künstler und Autoren nehmen sich sowieso die Freiheit heraus, zu schreiben, wie sie wollen – angefangen von dauernder Kleinschreibung bis zu was weiß ich alles. Die nehmen sich das sowieso heraus, und die können deswegen auch nicht angezeigt und gesetzlich verfolgt werden.

Wir haben eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2005, und selbstverständlich werden die Behörden umstellen, werden die Schulbücher im Laufe der normalen Erneuerung ebenfalls umgestellt. Wenn die Verlage aber übereifrig sind und alle Bücher früher umstellen, müssen sie das in ihrem eigenen Bereich tun und die Kosten dafür selbst aufbringen.

Ich verstehe also diese ganze Hektik nicht. An den ersten Klassen ist bereits mit einer Umstellung begonnen worden, und die Lehrer wissen sich auch selbst zu helfen. Sie nehmen ein Buch und sagen dem Schüler, was sich geändert hat. Das ist doch der allerbeste Anschauungsunterricht, wenn ich anhand eines bestehenden Buches und eines bestehenden Skriptums zusammen mit den Kindern nachschaue, was sich geändert hat.

Durch die lange Übergangsfrist besteht da kein Druck, ist kein Grund für irgendeine Hast. Ich verstehe daher diese ganze Hektik überhaupt nicht und möchte noch einmal darauf hinweisen, daß die deutschen Kollegen nicht daran denken, jetzt alles wieder zurückzunehmen.


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