Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 57

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Ferienanlagen, davon in Europa 1 188 und in Österreich immerhin noch 52 derartige Einrichtungen.

Durch besonders aggressive Werbung, unseriöse Geschäftspraktiken, spektakuläre Insolvenzfälle und die damit verbundene öffentliche Diskussion führten Time-sharing-Produkte international zu einem erheblichen Imageverlust und verstärkten auch hierzulande bei potentiellen Kunden eine abwartende Haltung gegenüber diesem Produkt.

Durch diese Praxis hat der Vertrieb von Time-sharing-Verträgen europaweit zu Problemen und Nachteilen der Verbraucher geführt. Verträge wurden regelmäßig nur unter Einsatz aggressivster Werbemethoden an den Verbraucher gebracht, denn eine "Nachfrage" für Time-sharing-Produkte existiert so gut wie nicht.

Time-sharing ist ein Begriff aus der Tourismusbranche, nicht aus einem Gesetzbuch. Dementsprechend werden unter diesem Begriff auch rechtlich ganz verschieden gestaltete Konstruktionen verstanden. Kleinster gemeinsamer Nenner ist ein langfristig – meist ab 30 Jahren bis unbefristet – eingeräumtes Recht, ein bestimmtes Hotel oder Appartement in einer bestimmten Woche jeden Jahres bewohnen zu dürfen, wofür der Kaufpreis im vorhinein bezahlt wird. Das juristische Beziehungsgeflecht schaut typischerweise etwa so aus: Eine Hotelbetriebsgesellschaft erwirbt Eigentum an einem Hotel oder einer Ferienanlage. Dieses Unternehmen räumt nun dem eigentlichen Time-sharing-Unternehmen das Recht ein, die Anlage zu nützen. Dieses Recht wird als sogenannte "Dienstbarkeit des Fruchtgenusses" im Grundbuch eingetragen. Der Time-sharing-Organisator wiederum verkauft dieses Fruchtgenußrecht gewissermaßen anteilig als Time-sharing-Ferienwohnrecht an den Konsumenten weiter.

Manchmal handelt es sich beim eigentlichen Time-sharing-Unternehmen um einen Verein, bei dem man mit der Mitgliedschaft ein Wohnrecht erhält, manchmal wird man Mitglied und muß zusätzlich ein Time-sharing-Wohnrecht erwerben. Manchmal gibt es auch nur einen schlichten Beherbergungsvertrag mit dem Konsumenten, dem eigentlichen Time-sharing-Erwerber, der somit in der gleichen rechtlichen Position wie der Gast eines Hotels ist.

Wir müssen also feststellen, daß sich hinter diesem Begriff "Time-sharing" sehr verschiedene Erscheinungsformen verbergen. Im Kern handelt es sich um spezifische Vermarktungs- und Vertretungsformen für Ferienwohnungen, Ferienanlagen und Hotels. Der damit angesprochene Kunde erwirbt das Recht, etwa eine Ferienwohnung oder auch ein Hotelzimmer periodisch wiederkehrend, jeweils durch einen entweder schon von vornherein nach Tagen oder Wochen oder aber auch nach anderen Kriterien, beispielsweise nach Punkten, bestimmten Zeitraum hindurch ausschließlich zu benützen.

Die rechtlichen Konstruktionen, in denen Time-sharing angeboten wird, sind vielfältig. Die Palette reicht von Miteigentum oder Fruchtgenuß an einer Liegenschaft oder dem Modell der Ausgabe von Aktien an ein Unternehmen, das Eigentümer der Ferienimmobilien ist, über Vereinssysteme und Treuhandmodelle bis hin zu Miet- oder Beherbergungsverträgen.

Der kommerzielle Erfolg des Time-sharings war – ich habe es bereits ausgeführt – insbesondere auf internationaler Ebene zunehmend von Problemen und Fehlentwicklungen begleitet.

Die Anbieter wendeten häufig aggressive, überrumpelnde Werbe- und Akquisitionspraktiken an, durch die die so Umworbenen oft zu übereilten, unüberlegten Vertragsabschlüssen veranlaßt wurden. Die den Interessenten gegebenen Informationen waren vielfach irreführend oder unvollständig, sodaß den Kunden oftmals ein falsches oder verzerrtes Bild über das Ferienobjekt, über die erworbene Nutzungsmöglichkeit oder über die erworbene Rechtsposition vermittelt wurde. In zahlreichen Fällen wurde die Problematik für die betroffenen Konsumenten noch dadurch verschärft, daß entweder schon aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters des abgeschlossenen Vertrages oder aber aufgrund taktischer Rechtswahl in den vom Anbieter vorgegebenen Vertragsbestimmungen eine dem Konsumenten fremde Rechtsordnung für die Beurteilung der Vereinbarung und der daraus sich wechselseitig ergebenden Rechte und Pflichten maßgeblich war.


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