Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 70

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Die Aushöhlung des bundesstaatlichen Prinzips wurde bereits durch meinen Vorredner erläutert. Die zentralistischen Tendenzen haben sich nach dem Beitritt zur Europäischen Union durch die Kompetenzverlagerung zu den Unionsorganen – ich erwähne nochmals das Strukturanpassungsgesetz – verstärkt. Wir glauben, daß diese Vorlage ein neuerlicher, massiver Kompetenzverlust nicht nur der Länder, sondern der gesetzgebenden Körperschaften ist.

Ich zitiere aus einem sehr bekannten Werk, "Recht, Glaube, Staat" – eine Festgabe für Herrn Professor Schambeck –, in dem er unter anderem auch die schwache Stellung der Länder vor allem in bezug auf die finanzielle Basis sieht und besonders moniert. Dieser Bereich, bei dem es wirklich ums Eingemachte geht, ist auch der Kernpunkt unserer Bemühungen. Beim Finanzausgleich, meine Damen und Herren, werden beinahe 40 Prozent unseres Budgets abgehandelt, und wir können das höchstens aus der Zeitung erlesen. Das kann doch nicht tatsächlich die Aufgabe sein, wie wir sie in unserer Bundesverfassung festgeschrieben haben und wie wir sie zu erfüllen haben!

Ich habe Präsidenten Fischer schon zitiert, der sagte, die Beschlüsse gehen am Parlament vorbei, und er hätte sich natürlich ebenso erwartet, daß eine Einladung an die gesetzgebenden Körperschaften Nationalrat und Bundesrat ergangen wäre. Er sagt, wir können ja und amen sagen. Aber immerhin haben wir alle, meine Damen und Herren, einen Eid auf die Verfassung abgelegt, und es wird von uns, aber auch von den Exekutivorganen erwartet, daß diese Verfassung, so wie sie festgeschrieben ist, eingehalten wird.

Eine Zeitung hat geschrieben, Vorhaben gibt es genug, und hat die Palette erläutert, die die Regierung Klima in Angriff nehmen sollte. Hier ist von der Bundesstaatsreform nur mehr am Rande die Rede, die Bundesratsreform wurde eigentlich weggelassen. (Bundesrat Kone#ny: Sie sollten sich beim Chefredakteur beschweren!)

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich noch ein bißchen auf diese Regierungsvorlage eingehe. Da lese ich etwa im Artikel 1 Abs. 3: "In die in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Vorhaben ist eine Darstellung der finanziellen Auswirkungen aufzunehmen, die den von den Vertragspartnern einvernehmlich zu erarbeitenden und vom Bundesminister für Finanzen zu erlassenden Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 Bundeshaushaltsgesetz entspricht."

Was heißt das, meine Damen und Herren? – Das heißt, daß ein Exekutivorgan Vorgaben für bundesgesetzliche Änderungen vorschlägt. Das heißt es! Hier ist de facto eine Umkehrung gegeben. Die Initiative sollte von den gesetzgebenden Körperschaften ausgehen und nicht von der Exekutive. (Bundeskanzler Mag. Klima: Das heißt, Sie weisen alle Regierungsvorlagen zurück!) Nein, nein. (Bundesrat Kone#ny: Das ist ja absurd, was Sie da sagen!)

Oder es könnte auch noch einen weiteren Hintergrund geben. Dazu darf ich in der Geschichte des Föderalismus ein bißchen zurückgreifen. Artikel 98 regelt die finanziellen Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften. Beim Bundesfinanzgesetz hat es seinerzeit eine Vorlage gegeben, das war Artikel 98a, und in diesem Artikel 98a ist die Zustimmung der Bundesregierung bei Gesetzesbeschlüssen mit finanzieller Folgewirksamkeit seitens der Länderparlamente schlicht und einfach durch die Zustimmung allein des Bundesministers für Finanzen ersetzt worden. Das war letztlich auch, Herr Bundeskanzler, der Grund, warum diese Bundesrats- und Bundesstaatsreform zum Scheitern verurteilt war: weil man da einen ganz starken zentralistischen Punkt eingebaut hat. Und dieser erscheint hier wieder in verfeinerter Form.

Ich habe bereits angedeutet, meine Damen und Herren, daß es diesen Konsultationsmechanismus bereits verfassungsgesetzlich verankert gibt. In § 9 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 heißt es: "Wenn die Bundesregierung gegen einen Gesetzesbeschluß eines Landtages über Landes(Gemeinde)abgaben Einspruch erhebt und der Landtag seinen Beschluß bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder ... wiederholt, so entscheiden, falls die Bundesregierung ihre Einwendung nicht zurückzieht, darüber, ob der Einspruch aufrecht zu bleiben hat, der Nationalrat und der Bundesrat durch einen ständigen gemeinsamen Ausschuß." – Das ist dieser 26er-Ausschuß.


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