Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 74

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nicht erfaßt, von denen Länder und Gemeinden – wie jeder andere Rechtsträger auch – betroffen sind.

Der Konsultationsmechanismus beschränkt sich also auf ein ganz enges Segment von besonders sensiblen Gesetzen für die Länder und Gemeinden, läßt aber einen großen Teil der Bundesgesetzgebung nach wie vor unberührt. Ich will jetzt gar nicht auf die Probleme eingehen, die sich in der Praxis bei der Anwendung ergeben können. Dieses neue Instrument muß sich sicherlich erst bewähren, und die Länder müssen dort, wo es vorher nicht funktioniert hat, auf den Bundesrat zurückgreifen können.

Von Bedeutung ist das Einspruchsrecht des Bundesrates schließlich auch weiterhin in jenen Fällen, die für die Länder zwar keine unmittelbaren Kostenfolgen für die Vollziehung haben, dort aber doch nachteilige Wirkungen haben. Ich erinnere nur an das hier heftig diskutierte Paßgesetz, das ohne jeden Zweifel – angenommen, es wäre zu dieser Zentralisierung der Paßausstellung gekommen – keine nachteiligen Auswirkungen auf die Kostensituation der Länder gehabt hätte. Man kann sogar sagen, es wäre eine Entlastung gewesen. Trotzdem war es ein Gesetz, das die Interessen der Länder, der Gemeinden und ihrer Bürger ganz maßgeblich betroffen hat. Wir haben hier im Bundesrat durch die Diskussion und die in Aussicht stehende Möglichkeit eines Einspruches doch erreicht, daß es bei dem bisherigen, durchaus bewährten Verfahren geblieben ist. – Das ist ein Musterbeispiel eines Gesetzes, das vom Konsultationsmechanismus in keiner Weise zu beeinflussen gewesen wäre.

Schließlich gilt das Einspruchsrecht des Bundesrates als maßgebliches Instrument der Länder auch in jenen Fällen, in denen der Nationalrat unter Inkaufnahme der Kostentragungspflicht für den Bund eine für die Länder auch sonst nachteilige Regelung beschließen will. Auch hier kann es im Interesse der Länder sinnvoll sein, noch etwas dazu zu sagen.

Ich will jetzt auch nicht weiter darauf eingehen, daß die Länder zu vielen Bundesgesetzen nicht aus Gründen der Kostenbelastung, sondern aus ganz anderen Interessen Bedenken äußern. Ich nenne nur etwa die Besorgnisse, die es da und dort gibt, wenn beispielsweise die Eigenständigkeit der Gebietskrankenkassen weiter beschnitten werden soll und vieles andere mehr. Auch solche Gesetze unterliegen nicht dem Konsultationsmechanismus und können im wesentlichen nur hier für die Länder in einer günstigen Weise beeinflußt werden.

Als letztes bleibt noch völlig offen und ist bei allen Hinweisen auf notwendige Alternativen oder die Überflüssigkeit des Bundesrates gänzlich unbeantwortet: Was geschieht mit jenen Bundesgesetzen und Bundesverfassungsgesetzen, mit denen die Gesetzgebungszuständigkeit der Landtage beschnitten wird?

Sie unterliegen nicht dem Konsultationsmechanismus, und in all diesen Fällen haben die Länder keinen anderen Schutz. Man kann auch hier über Alternativen diskutieren, aber es gibt sie nicht im Rechtsbestand. Im Rechtsbestand gibt es nur den Schutz durch das Zustimmungsrecht des Bundesrates.

Ich lasse nun ohne weiteres den Eindruck gelten, daß wir bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben, die uns weiterhin zukommen werden, sehr gefordert sein werden, auch gemessen an dem, was der Bundesrat bisher geboten hat und was auch mit dazu geführt hat, daß die Länder im Zweifel lieber auf die eigene Stärke und die Einflußnahme im Konsultationsmechanismus vertrauen als auf das Einspruchsrecht des Bundesrates. Jedenfalls würde ich es für wichtig halten, daß wir uns, bevor wir am Bund, wenn er Länderforderungen erfüllt, Kritik üben, selbst auch damit befassen und das für die Zukunft stärker im Auge haben, wie wir dort, wo wir die exklusiven Möglichkeiten der Vertretung von Länderinteressen haben, diese auch stärker wahrnehmen. Wenn wir das gemeinsam betreiben, werden wir den Interessen der Länder einen besseren Dienst erweisen, als wenn wir die anerkennenswerterweise erfolgten Bemühungen des Bundes und des Bundeskanzlers in dieser Hinsicht in Frage stellen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.02


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