Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 91

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melden. Ich stehe der beabsichtigten Lösung nach wie vor äußerst positiv gegenüber. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Bieringer. )

18.23

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Stefan Prähauser. Ich erteile es ihm.

18.23

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzter Bundesrat! Gestatten Sie mir, Sie zu Beginn meiner Ausführungen mit einem Aufsatz, einem Gastkommentar in der "Kleinen Zeitung" zu konfrontieren (Bundesrat Dr. Schambeck: Von Steiner!) – ja, von Steiner – und Ihnen diesen zur Kenntnis zu bringen. Ich darf wie folgt zitieren:

"Der Bundesstaat hat die staatspolitische Aufgabe, für gleichwertige Lebensbedingungen in all seinen Teilen zu sorgen. Dieser Grundsatz hält aber der Realität nicht stand. Überblickt man die Entwicklung der österreichischen Bundesverfassung seit 1920, so ist festzustellen, daß dieses Prinzip in seiner Bedeutung immer mehr abgeschwächt wurde." Und weiter heißt es: "Wenn der Bundesrat besteht, so ist er aufzuwerten. Die Aufgaben des Bundesrates sind nach Ansicht der Verfassung die Wahrung der Interessen der Länder in der Gesetzgebung und in der Verwaltung des Bundes. In beiden Bereichen stehen dem Bundesrat nur beschränkte Rechte zu, die gegenüber den analogen Kompetenzen des Nationalrates weit zurückstehen."

Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Mit einer gewissen Regelmäßigkeit bringen die Freiheitlichen dringliche Anfragen zum Themenbereich Föderalismus ein, was ihnen als Oppositionspartei sicherlich zusteht. Ich finde diese Gelegenheit immer günstig, damit aus Sicht der sozialdemokratischen Fraktion ebenfalls dazu Stellung genommen werden kann.

Die heutige dringliche Anfrage beschäftigt sich mit der zwischen Bund und Ländern, Gemeinde- und Städtebund abgeschlossenen Vereinbarung betreffend Einführung eines Konsultationsmechanismus. Wir haben von den diversen Vorrednern bereits genaue Erläuterungen, worum es dabei geht, erhalten. Ich gestatte mir daher, nur noch einzelne Anmerkungen anzufügen.

In der Einleitung stellen die Anfragesteller fest, daß das bundesstaatliche Prinzip durch zentralistische Tendenzen ausgehöhlt wird. Insbesondere wird als Beispiel für eine zentralistische Tendenz der Beitritt zur Europäischen Union genannt. – Auf diese Aussage bräuchte eigentlich nicht näher eingegangen zu werden, da sie sich, wie ich meine, aufgrund ihrer Undifferenziertheit selbst richtet. Dennoch: Der bundesstaatliche Aufbau eines Staates ist der staatsrechtliche Ausdruck eines umfassenderen Prinzips, nämlich des Subsidiaritätsprinzips. Obwohl in der wissenschaftlichen Literatur dem Subsidiaritätsprinzip kein fest umrissener Inhalt zugeteilt werden kann, ist der Kern des Subsidiaritätsprinzips freilich unbestritten. Einer höheren Organisationseinheit sollen nur jene Aufgaben übertragen werden, für deren Wahrnehmungen die höhere Einheit besser geeignet ist.

Die von den Freiheitlichen oft kritisierte Weiterentwicklung der Europäischen Union durch den Vertrag von Maastricht hat dazu geführt, daß das Subsidiaritätsprinzip Eingang in den Unionsvertrag gefunden hat. Darin heißt es, die Vertragsparteien seien entschlossen, den Prozeß der Schaffung einer immer engeren Union der Völker Europas, in der die Entscheidungen entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip möglichst bürgernah getroffen werden, weiterzuführen.

Gerade der Vertrag von Maastricht ist es also, der die Gemeinschaft zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips sogar verpflichtet. Die Weiterentwicklung der Union ist daher aus föderalistischer Sicht sicherlich zu begrüßen, wobei jedoch eine ständige kritische Beobachtung hinsichtlich der tatsächlichen Einhaltung dieses Grundsatzes geboten zu sein scheint.

Dem Bundesrat wurde mit der Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz 1994 die Möglichkeit eingeräumt, Stellungnahmen gegenüber den jeweils zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung zu beschließen, wodurch der Bundesrat das Verhandlungsverhalten und das Abstimmungsverhalten im EU-Rat mitbeeinflussen kann. Gerade der EU-Ausschuß des Bundesrates


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