Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 35

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mit der Europäischen Kommission abgeschlossen haben, der in seiner Gestaltung eigentlich einmalig ist. Es gibt darin unter anderem eine Klausel, in der festgelegt wird, daß die sogenannten Experten in eigenem Namen auftreten, allerdings in diesem eigenen Namen nur und ausschließlich die Ansichten der Kommission zu vertreten haben. Und es ist besonders paradox, daß in derselben Klausel steht: "Dies in Übereinstimmung mit den normal ethischen Regeln der Information".

Diese Vereinbarung haben 14 Experten unterschrieben, von der Creditanstalt/Bank Austria, von der Bundeswirtschaftskammer, von der Arbeiterkammer, vom Wirtschaftsforschungsinstitut, vom Institut für Höhere Studien und sogar aus dem Wirtschaftsministerium. Da muß man sich die Frage stellen: Was haben dieser Vertrag und diese Klausel mit wissenschaftlicher Redlichkeit zu tun? Was haben sie mit Objektivität und mit Wissenschaft generell zu tun?

Der bemerkenswerteste Unterzeichner dieses Vertrages ist der von mir schon genannte Herr Dr. Raab, der in seiner Rechtfertigung, warum er diesen Vertrag unterschrieben hat, auch mehrmals die Unwahrheit gesagt hat. Er hat zum einen gesagt, er habe diesen Vertrag sofort gekündigt, als er seine Stelle als Projektleiter der Euro-Information übernommen habe, angeblich mit Brief vom 29. März dieses Jahres. Es ist interessant, daß dieser Brief bis zum heutigen Tage bei der Kommission in Brüssel nicht eingetroffen ist. (Bundesrat Kone#ny: Das ist ja nicht wahr! Haben Sie gestern nicht ferngesehen?) Man kann schon sagen, daß die österreichische Post vielleicht nicht immer ... (Bundesrat Kone#ny: Haben Sie gestern nicht ferngesehen?) Ich habe gesehen, was bei der Kommission eingetroffen ist: Nicht der Brief, sondern das Fax, das er erst vor zwei Tagen geschickt hat, in welchem er auf diesen angeblichen Brief hingewiesen hat. Der Brief selbst ist bis zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht aufgetaucht! Selbst unter der Annahme, daß die österreichische Post in der Beförderung der Briefe und Pakete vielleicht nicht immer die schnellste ist, will ich aber doch nicht unterstellen, daß ein Brief von Wien nach Brüssel sage und schreibe drei Wochen unterwegs ist. (Bundesrat Rauchenberger: Ich habe vor drei Wochen eine Karte aus Rom geschrieben, und sie ist noch immer nicht da!) Herr Kollege! Da war die Pferdepost von Thurn und Taxis noch schneller! In dieser Zeitspanne kann man den Brief ja zu Fuß nach Brüssel tragen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist aber auch die Behauptung von Herrn Dr. Raab unrichtig, daß er den Vertrag gekündigt habe, sobald er Projektmanager der Bundesregierung geworden ist: Denn in einer Liste der Kommission, datiert vom 12. März dieses Jahres, ist unter den Teilnehmern und Unterzeichnern dieses Vertrages Herr Dr. Gustav Raab, Berufsbezeichnung: "Projektmanager ,EURO’ der Bundesregierung", angeführt. – Er hat diesen Vertrag also nicht in seiner früheren Funktion geschlossen, sondern in seiner Funktion als "Projektmanager ,EURO’ der Bundesregierung"! Trotz und in Kenntnis dieser Tatsache haben Sie, Herr Staatssekretär, und auch Herr Finanzminister Edlinger noch vor zwei Tagen Herrn Raab Ihr volles Vertrauen ausgesprochen. Da muß ich Sie fragen, warum Sie das zugelassen haben, anstatt in dieser Sache sofort einzuschreiten. Und man muß sich auch die Frage stellen, wie das jetzt weitergeht, wenn Sie, Herr Staatssekretär, heute gesagt haben, die sogenannte Informationskampagne werde in dieser Form unverändert weitergehen! Das kann ich eigentlich nur als gefährliche Drohung auffassen!

Wenn Sie sagen: Wir werden uns bei der Auswahl eines Nachfolgers Zeit lassen, dann möchte ich Sie sehr höflich fragen: Wer ist denn eigentlich "wir"? Und warum sind Sie nicht bereit, die Ankündigung des früheren Bundeskanzlers Vranitzky nach einer öffentlichen Ausschreibung für diese Funktion umzusetzen? Immerhin geht es hiebei um 40 Millionen Schilling Steuergelder! Da muß man sich schon fragen, warum eine solche Funktion sozusagen freihändig und nach Gutdünken der Koalition vergeben wird.

Es stellt sich aber auch die grundsätzliche Frage: Wenn die österreichische Bundesregierung und die EU nicht einmal den Experten trauen, was ist denn dann das Projekt Euro insgesamt wert? Wenn der Euro, wie Sie behaupten, wirklich ein solcher Segen für unser Land wäre, dann müßten Sie sich doch wirklich keine teuren Befürworter dafür kaufen!

Aber all das haben wir in demselben Muster schon einmal erlebt: Erinnern Sie sich zurück an das Jahr 1994: Im Vorfeld der Abstimmung über den EU-Beitritt hat es auch eine sogenannte


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