Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 52

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zogen worden ist. Freilich dürfte die Verlagerung auf das Gesundheitsministerium und den Gesundheitsausschuß der von mir kritisch beleuchteten ideologischen Vorgabe entsprochen haben. Denn die Befassung des Bundesministeriums für Justiz, aber wohl auch die Beiziehung von Experten aus der Exekutive, von Staatsanwälten und Richtern hätte aus der je spezifischen eigenen Verantwortung heraus zweifellos zur Devise des durch die normative Kraft des Faktischen inzwischen bekehrten ehemaligen Ressortchefs Ofner führen müssen: Im Zweifelsfall sind die Interessen der noch nicht an der Droge hängenden jungen Menschen den Interessen der straffällig gewordenen Abhängigen, die nicht therapiert werden können, voranzustellen.

Zudem müßten Kontakte von tatsächlich oder auch nur angeblich selbst abhängigen Dealern einerseits zu straffällig Gewordenen und andererseits zu noch nicht mit dem Suchtgift in Berührung gekommenen jungen Menschen nachhaltig unterbunden werden. Alles andere wäre eine Katastrophe für ihre Umgebung, das heißt, ihre Zielgruppe wären immer jüngere Abnehmer.

Aus diesem Grund, aus dieser Schutzfunktion und nicht etwa aus einer "Law and order"-Mentalität heraus müßte die Untersuchungshaft bei schwerwiegenden Drogendelikten – also für Händler mit harten Drogen im großen Stil – obligatorisch sein und müßte bei entsprechender Verurteilung unbedingte Strafe verhängt werden. Die Dealer könnten sonst während der Therapie ihr unseliges Handwerk fortsetzen.

Nur am Rande möchte ich erwähnen, daß mir die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehene Methode zur Abgrenzung der leichteren von den schwereren Suchtgiftdelikten wenig praktikabel erscheint, wonach die Untergrenze der großen Menge bei Suchtgiften in einer Verordnung des Gesundheitsministeriums – im Einvernehmen mit dem Justizminister und mit Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates – festgelegt wird.

Abseits der strafrechtlichen Maßnahmen – diese stellen selbstverständlich kein Patentrezept dar – müssen alle, wirklich alle und nicht zuletzt auch die finanziellen Anstrengungen dahin gehen, taugliche Therapieangebote in ausreichendem Umfang bereitzustellen, insbesondere für jugendliche Abhängige und manchmal leider fast noch halbe Kinder, für die solche Angebote derzeit in besonderem Maße fehlen. Denn die Hauptgefahr – das möchte ich wiederholen – besteht heute für immer jüngere Betroffene darin, daß sie von selbst abhängigen Dealern – die nicht bestraft werden, weil sie therapiert werden sollen, aber mangels entsprechender Plätze gar nicht behandelt werden können – erstmals und vielfach dauerhaft zum Drogenkonsum verführt werden.

Trotz anzuerkennender positiver Ansätze beschreitet die gegenständliche Novelle meiner Überzeugung nach einen gefährlichen Weg. Dieser weist in eine Richtung, die wir nicht mitverantworten können. Wir müssen und werden dieser Novelle daher unsere Zustimmung versagen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Therese Lukasser. Ich erteile es ihr.

12.07

Bundesrätin Therese Lukasser (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die vorliegenden legistischen Änderungen im Zusammenhang mit dem Suchtmittelgesetz halte ich für einen gangbaren Weg zwischen den Extrempositionen der völligen Drogenfreigabe und der totalen Drogenrepression. Die von Dr. Böhm verlangte Lösung ist – mag er sie auch abseits von "Law and order" sehen –, wie sich am Beispiel der USA zeigt, eine Scheinlösung, ebenso die totale Freigabe, die einen massiven Anstieg des Drogenkonsums zur Folge haben würde.

Der mit dieser Vorlage eingeschlagene Weg, der auf den vier Säulen Prävention, teilweise Repression, Therapie und Substitutionsbehandlung basiert, garantiert langfristig bessere Ergebnisse, und wir werden daher zustimmen.


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