Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 105

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Gewalt ist auch ein Thema, mit dem die Betreuer der freien Jugendwohlfahrt immer mehr konfrontiert werden. Daher sind mehr niederschwellige Einrichtungen, mehr Streetworker, mehr Ansprechpersonen für Jugendliche dringend notwendig.

Im Jugendwohlfahrtsbericht beurteilen die Bundesländer die Wirksamkeit der Novelle aus dem Jahr 1989. Es ist allerdings bedauerlich, daß dies auf eine nebulose Art und Weise geschieht. Welches Bundesland welchen Bereich bemängelt, wissen nach der Lektüre des Berichtes nur das Orakel Von Delphi oder das Salzamt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Bundesland Tirol spricht fast ausschließlich Lob für das Gesetz aus. Die freien Träger scheinen mit dem Gesetz gut leben zu können. Der Rahmen des Gesetzes läßt relativ viel Spielraum in der Auslegung und Zielsetzung. Befürwortet wird auch die Vereinheitlichung der Jugendschutzbestimmungen. Wünsche werden betreffend die rechtlich Besserstellung der Pflegefamilien geäußert. Die öffentliche Wohlfahrt könnte sich eine Erweiterung des Angebots der Mütterberatungsstellen vorstellen, vor allem in die Richtung, daß für Eltern und Erziehungsberechtigte von Kindern bis zum Kindergartenalter Beratungsstellen angeboten werden.

Als ganz wichtig wird in meinem Bundesland die Notwendigkeit der Weiterbildung empfunden. Der Ausbau der Möglichkeiten zur Weiterbildung fiel dem Sparpaket zum Opfer. Aber gerade die Mitarbeiter im Bereich Jugendwohlfahrt benötigen Supervision, um den wachsenden Anforderungen gerecht werden zu können.

Abschließend möchte ich feststellen, daß die knappen Mittel des Familienministeriums oft wesentlich sinnvoller eingesetzt werden könnten. Statistiken werden anhand von unausfüllbaren und kaum verwertbaren Formularen erstellt. Der Mehraufwand an Zeit und Geld steht oft in keinem Verhältnis zu den Ergebnissen.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird diesen Bericht zur Kenntnis nehmen, und ich schließe mich schweren Herzens an. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.18

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wilfing. – Bitte.

16.18

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Geschätzte Damen und Herren! Gleich zu meiner Vorrednerin: Wenn dieser Bericht vom Ausschuß des Nationalrates nur abgenommen und nicht im Plenum diskutiert wurde, kann dem auch eine positive Sicht abgewonnen werden, indem man das so bewertet, daß man schon im Ausschuß feststellen konnte, daß zufriedenstellende Ergebnisse vorliegen, die keiner weiteren Erörterung bedürfen. Man könnte das auch positiv sehen.

Außerdem ist das Jugendwohlfahrtsgesetz ein gutes Beispiel für Föderalismus. Der Bund macht das Rahmengesetz und die Länder die Ausführungsgesetze. Man könnte es daher auch so interpretieren, daß man den Bundesrat als das richtige Gremium betrachtet, welches die Ausführungsgesetze vergleicht und diskutiert und darauf achtet, daß von den neun Bundesländern gemeinsam versucht wird, mit Hilfe des Rahmengesetzes des Bundes die besten Methoden für die jeweiligen Länder zu finden.

Mit dem Jugendwohlfahrtsgesetz 1989, das mit 1. Juli 1989 in Kraft getreten ist, hat man versucht, fünf Schwerpunkte zu setzen:

Erstens – das war uns besonders wichtig – ging es um die Stärkung der Familie in der Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben, sodaß die öffentliche Jugendwohlfahrt nur mehr subsidiär zur Verfügung zu stehen braucht.

Zweitens wurde Gewicht auf die Förderung der gewaltlosen Erziehung gelegt. Wir waren damals weltweit einer von vier Staaten, die auf diese Weise das Züchtigungsverbot normiert haben.


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