Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 106

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Der dritte Schwerpunkt wurde auf die Gewährleistung des Anhörungsrechtes des Kindes jedenfalls ab dem zehnten Lebensjahr gelegt.

Viertens war man bestrebt, die Behandlung der Eltern als gleichberechtigte Partner der Jugendwohlfahrt zu normieren.

An fünfter Stelle stand die Schaffung der Institution von Kinder- und Jugendanwälten.

Ich habe versucht, diesen Bericht zum Jugendwohlfahrtsgesetz und die Auswirkungen des Jugendwohlfahrtsgesetzes in allen Bundesländern unter dem Blickwinkel zu beurteilen, inwieweit diese fünf Schwerpunkte, die man damals vor allem aus ethischen Gründen gesetzt hat, auch verwirklicht werden konnten. – In diesem Zusammenhang kann ich feststellen, daß zum ersten die Maßnahmen zur Stärkung der Familien in der Wahrnehmung der Erziehungsaufgaben in allen Bundesländern stark ausgebaut worden sind und in allen Bundesländern im wesentlichen verwirklicht werden konnten. Es wird in diesem Bericht auf eine Vielzahl von Angeboten, Maßnahmen und Projekten verwiesen, die in diesem Bereich durchgeführt worden sind. Man hat vor allem auf die Prävention einen großen Schwerpunkt gelegt. Wir alle wissen, daß Vorbeugung bei weitem besser ist als die Reparatur danach und in vielen Bereichen auch kostengünstiger. Wir finden heute Gott sei Dank in allen neun Bundesländern umfassende Angebote sozialer Dienste vor, die überwiegend niederschwellig und unentgeltlich zur Verfügung stehen und allen Bevölkerungskreisen und Altersgruppen zugänglich sind. Sie alle kennen Familienberatungsstellen, Familientherapiestellen, Kinderschutzzentren, Einrichtungen zur Früherkennung und Behandlung abweichenden Verhaltens Minderjähriger bis hin zu Einrichtungen im Bereich der Mutter-Kindwohnungen, Kinderkrippen oder Tagesmütter.

Ein Bereich, in dem noch viel geschehen muß und in dem wir auch noch Defizite feststellen müssen, ist der Problembereich der von den zunehmenden Scheidungs- und Trennungsraten betroffenen Kinder. Auch dafür gibt es Modelle wie Mediation und Begleitung wie Familien- und Scheidungsberatung, aber auf diesem Gebiet muß sicherlich noch vieles ausgebaut werden.

Ein dritter Bereich, der auch schon kritisch angesprochen wurde, betrifft Fälle von sexuellem Mißbrauch von Kindern oder Gewalt an Kindern. Die Zahl solcher Fälle ist, wie ich annehme, auch in der jüngsten Vergangenheit insgesamt nicht gestiegen. Es findet jedoch eine vermehrte publizistische Darstellung solcher Fälle statt, was zeigt, daß sie heute Gott sei Dank viel mehr Aufmerksamkeit finden, und daher haben wir die Möglichkeit, umso intensiver dagegen vorzugehen.

Ich glaube, daß das Jugendwohlfahrtsgesetz viele Grundlagen bietet, um im kurativen Bereich durch Kinderschutzzentren, Kindernotruftelefone, psychologische Angebote und so weiter einiges an Hilfe zu geben. Es ist aber wichtig, darüber hinaus noch weitere Maßnahmen zu setzen. Ich bin sehr froh darüber, daß der Bundesminister versucht, durch eine zentrale Stelle, bei der dem Wohlfahrtsträger Verletzungen gemeldet werden müssen, zu erreichen, daß wir auch in Zukunft vorbeugend tätig sein können.

Probleme haben wir durch die vermehrte Zuwanderung ausländischer Kinder und Jugendlicher. Dadurch treten bei uns Probleme auf, die sicher noch nicht in dem Ausmaß gelöst sind, wie wir uns das alle wünschen würden.

Ein weiteres Problem macht sich im sinkenden Einstiegsalter Minderjähriger beim Drogenkonsum und Alkoholismus bemerkbar. Weiters sind die Aids-Problematik und eine beginnende Straßenkinderszene zu erwähnen, die wir ebenfalls teilweise schon kennen. Zur Bekämpfung des letzteren Problems müssen wir insbesondere Streetworker-Angebote und Maßnahmen zur Unterstützung der Erziehung auch in den einzelnen Ländern ausweiten.

Ein weiterer Bereich, der wahrscheinlich ausgeweitet werden muß – auch das ist in dem Bericht kritisch angemerkt –, ist das Angebot von angemessenen Hilfen bei wirtschaftlichen Notsituationen von Familien. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, daß bei Überschuldung, Arbeitslosigkeit, Anspannung des Wohnmarktes Hilfestellungen angeboten werden können. Dafür gibt es eine eigene Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie, die im


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