Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 110

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Es gibt weiters in diesem Gesetz einen Absatz, in welchem es um die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln geht, bei denen von Amts wegen Abänderungen möglich sind. Das heißt im Klartext, daß Mittel dann zurückgehalten werden können, wenn Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier oder für die Umwelt besteht, obwohl die anderen für die Zulassung erforderlichen Kriterien der EU-Staaten vorliegen. Diese Passage ist einerseits sicherlich sinnvoll, Herr Minister, andererseits ist aber auch eine kleine Kritik angebracht: Es könnte – und ich sage hier eindeutig: es könnte, wobei ich hoffe, daß dieser Fall nie eintritt! – auch dazu kommen, daß gewisse Mittel, die die Landwirte aus Kostengründen sehr wohl dringend brauchen würden, zurückgehalten werden, um bestimmten Lobbies in Österreich ihre Wettbewerbsfähigkeit beziehungsweise ihren gewinnorientierten Verkauf – ich spreche jetzt von der Raiffeisengruppe – zu sichern, um diesen ein paar Jahre mehr in der vereinfachten EU – wir haben ja davon gesprochen, daß Pflanzenschutzmittel billiger werden – über die Runden zu helfen. Darauf gehe ich später noch ein.

Herr Minister! Hier setze ich vollstes Vertrauen auf Sie: Wenn Mittel zugelassen werden können, dann darf es ein Vetorecht – wenn ich das so nennen darf – Ihres Ministeriums wirklich nur dann geben, wenn Gefahr für Mensch, Tier oder Umwelt besteht.

Ich möchte jetzt noch einige Kritikpunkte vorbringen und versuchen, zu erklären, warum wir dieses Gesetz ablehnen und unsere Zustimmung verweigern werden.

In § 26 Abs. 5 ist geregelt, daß die Möglichkeit besteht, bei gentechnischen Freisetzungen auch nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel anzuwenden. Herr Minister! Diese Gesetzespassage birgt sicherlich einige Gefahren in sich. Wie wir wissen, gilt das Gentechnikgesetz nicht für freizusetzende Pflanzen, beziehungsweise ist nun, wie gesagt, laut § 26 Abs. 5 eindeutig geregelt, daß nicht zugelassene Pflanzenschutzmittel angewendet werden dürfen. Ich vertraue jedoch in Anbetracht des Gentechnik-Volksbegehrens darauf, daß es nicht sehr oft oder hoffentlich überhaupt nicht zu derartigen Vorgangsweisen kommen wird.

Ein Hauptkritikpunkt, meine Damen und Herren und Kollegen des Bundesrates, besteht sicherlich in Hinblick auf § 10 betreffend die Erlaubnisverlängerung für alte Wirkstoffe. Was besagt dieser Paragraph, und wie ist er zu interpretieren? – Pflanzenschutzmittel mit alten Wirkstoffen sind nach dieser Regelung bis 26. 7. 2003 erlaubt. Das heißt im Klartext, meine Damen und Herren, daß alle Mittel, die vor dem 26. 7. 1993 in irgendeinem Mitgliedstaat der EU zugelassen worden sind, wieder als erlaubt gelten. In Anbetracht dessen erhebt sich die Frage, inwieweit gesetzlich geregelt ist, daß bestimmte Produkte in Österreich trotzdem nicht zugelassen werden, wobei ich jetzt ganz eindeutig von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Atrazin spreche. Wir haben vor kurzer Zeit den Gewässerbericht behandelt, und wie wir alle wissen, werden große Probleme bei der Gewässerreinhaltung im Zusammenhang mit dem Rückstand im Grundwasser in unserem Bundesstaat sicherlich durch den Wirkstoff Atrazin verursacht. Ich glaube, Herr Minister, daß wir Tendenzen in Richtung Zulassung dieses Stoffes wirklich nicht zulassen beziehungsweise in einem anderen Gesetz – und ich bin sicher, daß ein solches kommen wird – verbieten sollten, daß Atrazinprodukte wieder in den Verkehr gelangen.

Ein weiterer Kritikpunkt meiner Fraktion betrifft den Direktimport von zugelassenen EU-Mitteln aus Drittstaaten. Was versteht man darunter? – Es wurde den Bauern im Zuge des EU-Beitrittes versprochen, daß die Betriebsmittel billiger werden. Nach erfolgtem EU-Beitritt war das jedoch in den meisten Bereichen der Landwirtschaft nicht der Fall, insbesondere im Pflanzenschutzmittelbereich nicht. In Drittländern und auch in anderen EU-Staaten entsteht uns nun starke Konkurrenz, da dort Pflanzenschutzmittel oft bis zu 30, 40 Prozent günstiger angeboten werden. Ich verstehe schon – ich habe das zuvor schon angesprochen –, warum es sich vermutlich so verhält: Die Politik ist wahrscheinlich noch immer auf seiten einer gewissen Lobby, ich meine damit Raiffeisen und die Vereine und Genossenschaften, die Pflanzenschutzmittel in Österreich zu 80 bis 90 Prozent vertreiben.

Meine Damen und Herren! Wenn die Regierung noch drei, vier oder vielleicht noch fünf Jahre, wie im Ausschuß berichtet worden ist, damit zuwartet, den heimischen Landwirten billigere Betriebsmittel zur Verfügung zu stellen, dann sicherlich nur deswegen, weil der Raiffeisensektor


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