Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 70

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wollen, sondern die uns ihren hierherbringen wollen, und dies führt zu Problemen. Der eine oder andere mag sogar noch stolz darauf sein, daß es ihm gelingt, in Bezirksratsgesprächen und in Bezirksratsverhandlungen dafür einzutreten, daß man das Kruzifix im Schulraum anbringen kann. So ist es unlängst geschehen. An und für sich eine Selbstverständlichkeit! Daß man sich dessen noch rühmen muß, läßt bei mir Zweifel aufkommen, ob diese Minderheitsprobleme nicht doch schon echte Probleme geworden sind.

CDU-Abgeordneter Lummer betont, daß es nicht gleichgültig ist, aus welchem Kulturkreis Einwanderer kommen. Nun, das wissen wir Österreicher ganz genau. In bezug auf uns Österreicher spricht der von mir oder zumindest von vielen sehr geschätzte Günther Nenning von der österreichischen Idee. Es ist dies ein Begriff von Hugo von Hofmannsthal nicht nur schwarz oder rot, auch schwarz und gelb, ständestaatlich und großdeutsch. Dieses Großdeutsche war ursprünglich das Großösterreichische, und dieses Großösterreichische hat natürlich auch hier – für uns in Wien stark merkbar – die Möglichkeit geboten, für 50 Millionen Einwohner eines großen Reiches aus 500 000 Quadratkilometer immer wieder Heimstätte zu werden und sich hier anzusiedeln.

Aber die Situation hat sich natürlich total geändert. Günther Nenning sagt dann noch richtigerweise – es stand dies in der "Presse" vom 19. Juni 1997 –: Die Roten und Schwarzen sind gegenwärtig schreckliche Banausen – Ausnahmen ausgenommen. – Das schreibt er auch noch dazu, und ich betone es auch von meiner Seite her. Ausnahmen ausgenommen, wir alle hier sind die Ausnahmen. Sie haben für ihre ureigenen geistigen Wurzeln und Zukünfte Unverständnis und Mißachtung, sie müssen sozusagen zwangsernährt werden. Ich bin froh, daß wir uns freiheitlich als die Zwangsernährer dieser österreichischen Idee ausgeben können, ohne sie in andere Erdenregionen verkaufen zu müssen.

Herr Universitätsprofessor Eibel-Eibelsfeld meint, es komme auf die Ausgewogenheit zwischen Öffnung und identitätsbewahrender Abgrenzung an. Wie wahr, denn der CDU-Vordenker Geissler sagte es anders, er tritt für die multikulturelle Gesellschaft ein. Dieses Vorbild haben wir nicht, wir haben andere Überlegungen, wir sehen die österreichische Idee in der Form, daß wir das, was wir ererbt haben, auch bewahren wollen.

Es gibt hiezu einen derzeit oft im Mund geführten amerikanischen Nobelpreisträger, es ist Gary Becker, der vor Jahren den Nobelpreis bekommen hat, und er ist Wirtschaftswissenschafter. Er ist ein überzeugter Liberaler. Er plädiert für ein Preissystem als Zuteilungsmechanismus, denn er erkennt, daß in diesen Transferzahlungen, die heutzutage in entwickelten Staatsgemeinschaften geleistet werden und für soziale Sicherheit, Krankengeld, allgemeine Fürsorge, Arbeitslosenentschädigung und dergleichen einen Großteil der Regierungsausgaben ausmachen, eine Verheißung eines generösen Lebens in einem Gastland stattfinden könne und die Bevölkerung armer Länder zur Auswanderung anreize. Dieser Nobelpreisträger meint daher auch, daß der betroffene Staat in regelmäßigen Abständen den Preis für eine Arbeitserlaubnis, Aufenthaltserlaubnis, Einwanderungserlaubnis festlegen sollte oder im Auktionsverfahren eruieren müßte.

Vier Möglichkeiten erkennt hiebei Universitätsprofessor Becker – derzeit findet, glaube ich, in Österreich ein Symposion ihm zu Ehren statt –: Die Höhe der Gebote würde davon abhängen, was die Immigrationskandidaten an zukünftigen Transfergeldern und anderen Zuwendungen zu erwarten hätten. Das heißt, je höher die Sozialleistung, desto höher der Eintrittspreis. Die einheimischen Steuerzahler hätten also keinerlei Anlaß mehr, die Einwanderer als Trittbrettfahrer anzusehen, welche auf ihre Kosten vom Sozialstaat profitierten. Dies würde, so meint Becker, auch zur inneren Ruhighaltung der autochthonen Bevölkerung beitragen.

Zweitens meint er: Besonders produktive Menschen werden mit einiger Sicherheit erfolgreich um Bewilligungen mitbieten, weil die beträchtlichen Gehälter und Einkommen, mit denen sie rechnen können, es erlauben, einen hohen Eintrittspreis binnen weniger Jahre abzuzahlen.

Drittens meint Becker, diese Regelung ergäbe, daß sofort und mittelbar Staatseinnahmen über Einwanderungswillige, Arbeitswillige, Aufenthaltswillige zu lukrieren wären. Einheimische hätten daher allen Grund, eine liberale Immigrationspolitik zu unterstützen. Es ließen sich dann nicht


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