Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 74

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linge ausbilden und auch Angestellte haben, zahlen quasi aus der einen eigenen Tasche in die andere. Sie finanzieren dann nämlich im wesentlichen die Lehrlingsausbildung selbst. Auch in diesem Fall hat man nicht einheitlich zugegriffen: Man hat wieder den Wirtschaftstreibenden und Dienstgeber gezwungen, eine Beitragserhöhung in Kauf zu nehmen, und ich glaube, daß das nur ein erster Schritt ist!

Mit dieser Meinung stehe ich nicht allein da, denn auch der Rechnungshof sagt: "Es ist zu befürchten, daß diese sachlich nicht gerechtfertigte Erhöhung für die Angestellten eine Vorstufe zu einer Angleichung der Beitragssätze für Angestellte und Arbeiter ist, die schon seit Jahren sukzessive vorbereitet, aber offiziell immer bestritten wird, beginnend mit dem Entfall der getrennten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, die klar über Jahrzehnte bewiesen hat, daß die Angestellten berechtigtermaßen wesentlich niedrigere Beiträge zahlen." Ich glaube, da hat der Rechnungshof recht: Es ist dies die erste Stufe – so sehen wir es zumindest – , die dann zu einer generellen Beitragserhöhung führen wird.

Im Lichte dessen ist es auch bezeichnend, daß man in der Regierungsvorlage davon spricht, daß dem Entfall von 500 Millionen, die es kosten wird, daß für die Lehrlinge jetzt keine Krankenversicherung gezahlt werden muß, 460 Millionen an Einnahmen gegenüberstehen werden, die durch diese 0,1prozentige Erhöhung bei den Angestellten hereinkommen werden. – Das kann ich mir gar nicht vorstellen! Und offensichtlich kann man das auch im Ministerium nicht, denn es gibt vorläufig noch keinen Berechnungsschlüssel. Vergangenen Dienstag konnte noch niemand beantworten, welchen Schlüssel man zur Berechnung dieser Zahlen herangezogen hat.

Daher muß ich generell sagen, daß wir diesem Gesetz, das eine neuerliche Belastung der Wirtschaft bedeutet, unsere Zustimmung nicht geben können, wenngleich einige Punkte durchaus zu befürworten wären. Aber "einige Punkte" sind zuwenig: Die Belastung der Wirtschaft muß endlich gestoppt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.07

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Johann Payer. Ich erteile es ihm.

14.07

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine nicht zu leugnende Tatsache, daß es einen besorgniserregenden Rückgang von Lehrverhältnissen gibt. In diesem Punkt gebe ich Kollegin Mühlwerth recht. Es ist gesellschafts- und beschäftigungspolitisch inakzeptabel, daß manche jungen Menschen keinen Ausbildungsplatz finden.

Für diesen Rückgang gibt es vielerlei verschiedene Gründe: Diese Gründe sind zum Teil in regionalen Standortfaktoren, zum Teil in lokalen bildungspolitischen Konzentrationen zu suchen. Auch die Betriebe selbst führen eine Menge von Gründen an, zum Beispiel bürokratische Hemmnisse. In den Betrieben sagt man auch – das hat Kollegin Mühlwerth fast wortwörtlich übernommen – , daß die betrieblichen Kosten der Lehrlingsausbildung zu hoch sind.

Dagegen spricht jedoch eine Studie, die das Institut für Höhere Studien betreffend die betrieblichen Kosten der Lehrlingsausbildung vorgelegt hat. Für diese Studie wurden die für die Ausbildung Verantwortlichen in über 1 000 Betrieben zu ihrer Einstellung zur Ausbildung und zu deren Kosten befragt. – Ein wichtiges Ergebnis dieser Studie ist, daß Lehrbetriebe über die tatsächlichen Kosten der Lehrlingsausbildung eigentlich nicht Bescheid wissen. Die Autoren der Studie sind der Frage nachgegangen, was die Lehrlingsausbildung tatsächlich kostet. Aus den unterschiedlichen Berechnungsvarianten ergibt sich folgendes Bild, das ich Ihnen kurz schildern möchte.

Man hat zunächst ein Vollkostenkonzept berechnet. Dieses Vollkostenkonzept enthält die Lehrlingsentschädigung, die Materialkosten, die Kosten der haupt- und nebenberuflichen Ausbilder, den Verwaltungsaufwand und auch die Kosten der Anlagen. Ferner hat man ein Grenzkostenkonzept berechnet, das nur die Lehrlingsentschädigung, die Ausbildungskosten und die Mate


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