Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 75

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rialkosten enthält. Und schließlich wurde auch noch ein Teilkostenkonzept ermittelt, das ohne Verwaltungskosten auskommt.

Die Durchschnittskosten aller Betriebe pro Lehrling und Lehrjahr betragen beim Vollkostenkonzept 40 200 S, beim Grenzkostenkonzept 22 300 S und beim Teilkostenkonzept 27 400 S. Allen drei Berechnungsarten zufolge erwirtschaften 35 bis 40 Prozent aller Lehrbetriebe Nettoerträge aus der betrieblichen Arbeitsleistung der Lehrlinge. Das sollte man bei allem Gejammer, daß es wenig Lehrstellen gibt, nicht vergessen! Ich gebe schon zu, daß das Ausmaß der Erträge in den verschiedenen Branchen unterschiedlich ist. Zum Beispiel haben in der Branche Holzverarbeitung 58 Prozent der Betriebe Nettoerlöse, im Bauwesen sind es immerhin noch 34 Prozent aller Betriebe. Im Durchschnitt haben 39 Prozent der Betriebe Nettoerlöse.

Die Ergebnisse der Studie deuten auf einen realen Rückgang der betrieblichen Kosten der Lehrlingsausbildung hin. Die Bildungsaufwendungen der öffentlichen Haushalte pro Lehrling bewegen sich in einer Größenordnung von zirka 35 000 S. Für die Berufsschulen betrugen die Aufwendungen von Bund, Ländern und Gemeinden im Jahre 1996 rund 4,5 Milliarden Schilling.

Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen betrieblichen Nettokosten, die ich vorher erwähnt habe, sind die Gesamtkosten der Lehrlingsausbildung demnach kaum niedriger als die Kosten einer allgemeinen Schulausbildung. Die ausbildenden Betriebe unterschätzen jedoch die Erträge aus der Lehrlingsausbildung. Das Ergebnis der Studie unterstreicht den engen Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Erfolg und den Nettokosten der Ausbildung. Bei steigender Auslastung der Betriebe steigen auch die Erträge deutlich an.

In dieser Studie kommt man zu der Schlußfolgerung, daß viele Betriebe Lehrlinge nicht zum Zweck der Ausbildung, sondern oftmals vor allem als billige Arbeitskräfte zu Konditionen der Lehrlingsentschädigung einsetzen. Das heißt: Eine gleiche Förderung aller ausbildenden Betriebe über allgemeine, zum Beispiel steuerliche, Maßnahmen würde nicht zum gewünschten Ergebnis führen, sondern würde insbesondere jene Betriebe begünstigen, die derzeit aus der Lehrlingsausbildung Erträge erwirtschaften. Notwendig sind daher Maßnahmen, die sofort gegen den Lehrstellenmangel wirken, durch die mittelfristig die Qualität der Ausbildung erhöht wird und durch die Mittel für Ausbildungsformen auf höherem Niveau bereitgestellt werden.

Daher ein Vorschlag, den ich persönlich sehr unterstütze: Es sollte ein Lastenausgleich zur Finanzierung der Lehrlingsausbildung zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben erfolgen. Es muß zu einem Interessenausgleich innerhalb der Wirtschaft kommen. Ich glaube, das ist notwendig. Viele Betriebe sind nämlich derzeit leider nicht bereit, Fachkräfte, die sie benötigen, selbst auszubilden. Dadurch werden Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, mit zusätzlichen Kosten belastet.

Im Modell, das ich hier präsentiert habe, ist von einer Einstiegsfinanzierung und von einer Qualifikationsförderung die Rede. – Kurz dazu: Eine Einstiegsfinanzierung über den vorher erwähnten Lastenausgleich sollte dem Lehrbetrieb für die Aufnahme von zusätzlichen Lehrlingen im ersten Lehrjahr gewährt werden. Mit dieser Maßnahme könnte die Angebotskrise auf dem Lehrstellenmarkt insgesamt wesentlich entschärft werden. Eine Qualitätsförderung durch den Lastenausgleich soll nur jenen Betrieben zugute kommen, denen tatsächlich Ausbildungskosten, zum Beispiel durch eine sehr intensive oder ergänzende Ausbildung, entstehen.

Meine Damen und Herren! Das vorliegende Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz ist nur ein Teil eines Gesamtkonzeptes der österreichischen Bundesregierung. Es ist sicherlich sinnvoll, gesetzliche Schutzbestimmungen in gewissen Abständen darauf zu überprüfen, ob diese Schutzbestimmungen zeitgemäß sind und der Praxis entsprechen. Der Schutzgedanke für Jugendliche muß aber weiterhin im Vordergrund stehen. Bei diesem Gesetz wurde meiner Meinung nach ein tragbarer Kompromiß gefunden. Es wurden Anpassungen an die Vorschriften der EU-Richtlinie vorgenommen. Weiters wird die Arbeitszeit der Jugendlichen soweit als möglich an die Arbeitszeit der Erwachsenen im selben Betrieb angeglichen. Das Einarbeiten von Arbeitstagen in Verbindung mit Feiertagen wird auch Jugendlichen erlaubt. Es wird auch klarge


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