Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 20

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kammer" findet sonst weder dem Wort noch der Sache nach im österreichischen Verfassungsrecht eine Deckung. Wer aber eine echte Länderkammer will, muß die dem Bundesrat zugrunde liegende Verfassungsrechtslage ändern.

Es müßte daher die Frage gestellt werden, ob der Bundesrat nicht als ein Organ der Länder zu gestalten wäre, ferner wieweit das freie Mandat mit dem Status eines vom Lande Delegierten vereinbar ist und worin sich die Vertretungsmacht der Mitglieder des Bundesrates zu manifestieren hätte.

Eine solche Neukonstruktion des Bundesrates böte ferner die Möglichkeit, dem Verfassungsorgan Bundesrat auch im heutigen Parteienstaat einen Schritt in Richtung selbstbestimmter föderaler Politik zu eröffnen. Der Bundesrat würde damit strukturell zu einer Länderkammer, in der sich die Länder im Bereich der Bundesgesetzgebung zu artikulieren vermöchten.

Ich würde es daher sehr begrüßen, wenn solch ein Vorhaben verfassungsrechtlich Realität werden könnte, sage aber in einem Atemzug dazu, daß es niemals Sinn einer solchen Reform wäre, so etwas wie eine Länderfront zu schaffen, eine Art Bremse der Politik der Bundesregierung und des Bundesgesetzgebers. Denn so etwas wie eine wechselseitige finanzielle Bremse zu sein, ist etwa Inhalt des politisch in Beratung stehenden Konsultationsmechanismus, der zu Recht in den Händen der Bundesregierung und der Landesregierungen liegt. Der Bundesrat sollte hingegen nur eine Art Notbremse in jenen Fällen bieten, in denen existentielle Beeinträchtigungen des politischen Aktionsradius der Länder durch den Bund zu befürchten wären.

Bis es so weit ist, daß aus dem Bundesrat eine Länderkammer wird, sollten jene Maßnahmen beraten werden, die sich als flankierende Maßnahmen zum exekutivbestimmten Konsultationsmechanismus anböten, wie etwa:

das Zustimmungsrecht des Bundesrates zu Bundesgesetzen, die in die Vollziehung der Länder fallen oder die Aufwendungen der Länder mit sich bringen;

das Zustimmungsrecht des Bundesrates zu Finanzausgleichsgesetzen;

ein Recht der Stellungnahme des Bundesrates zu Gesetzesvorhaben des Bundes bis zum Zeitpunkt der Beschlußfassung durch den zuständigen Ausschuß des Nationalrates;

die Möglichkeit der Korrektur sprachlicher Mängel oder offenbarer Unrichtigkeiten von Nationalratsbeschlüssen im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuß des Nationalrates;

die Statuierung eines absoluten Widerspruchsrechtes bei Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, soweit Zuständigkeiten der Länder betroffen werden.

Ich bitte Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates, der Reform von Bundesstaat und Bundesrat Ihre uneingeschränkte Unterstützung angedeihen zu lassen. Ich bitte das Präsidium, das Büro des Bundesrates und die Bundesratsdirektion, mich bei der Vorsitzführung allseits zu unterstützen.

Ich werde mich bemühen, in allen Bereichen des politischen Miteinanders, Nebeneinanders, das es auch gibt, und gelegentlich auch Gegeneinanders für Anstand, Fairneß und political correctness, wie man heute sagt, einzutreten und sie auch, soweit mir dies möglich ist, selbst vorzuleben – dazu sind wir alle ja berufen. Ich werde danach trachten, das Vertrauen der Bürger in die Politik, namentlich in den Parlamentarismus, zu stärken und zu rechtfertigen.

Ich glaube, daß ein solcher Vorsatz gelingen kann, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

9.16

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Günther Hummer: Eingelangt sind sechs Anfragebeantwortungen, die den Anfragestellern übermittelt wurden.


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