Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 62

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist die Pflicht einer demokratischen Gesellschaft, sich gegen Kräfte zur Wehr zu setzen, die sich nicht an die Rechtsordnung dieser Gesellschaft halten, die diese Gesellschaft unterminieren und letztendlich auch zerstören wollen.

Unsere Bürger, die sich zur Rechtsstaatlichkeit bekennen und diese auch akzeptieren, haben ein Recht, vor einer kriminellen Gegengesellschaft geschützt zu werden. Unsere demokratische Gesellschaft basiert ganz zentral auf dem Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit, auf dem Vertrauen in die Schutzfunktion des Staates. Man kann auch nicht von der Exekutive nach jedem Verbrechen – man denke dabei jetzt nur an die ungeklärten Briefbombenattentate – eine sofortige Aufklärung verlangen, gleichzeitig jedoch gegen effiziente Instrumente in den Händen der Exekutive sein, das ist unseriös und doppelbödig.

Alle, die Bevölkerung und die Medien, aber auch die Politik verlangen zu Recht ein effektives Vorgehen der Exekutive gegen alle Formen dieser Kriminalität. Wir als politische Entscheidungsträger müssen unter Abwägung anderer Bürgerrechte jene Instrumente zur Verfügung stellen, mit denen eine effiziente Exekutivarbeit möglich ist. Niemand von uns will eine umfassende Bespitzelung der Bürger, wie sie in anderen, totalitären Staaten gang und gäbe ist, aber mit dem neuen Sicherheitspolizeigesetz werden im Rahmen unserer Rechtsstaatlichkeit die Abwehrkräfte gegen eine neue und extrem gefährliche Form der Kriminalität gestärkt. Dies ist angesichts des Bedrohungspotentials leider notwendig.

Aufgrund dieser Notwendigkeit und der klar definierten Beschränkungen, denen wir die zusätzlichen Exekutivbefugnisse unterworfen haben, gebe ich auch dieser Gesetzesvorlage meine Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

12.40

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Tremmel. – Bitte.

12.41

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Ich mache es kurz: Auch ich werde diesen beiden Vorlagen die Zustimmung erteilen. Auch ich sehe das Spannungsverhältnis, wie es Kollege Böhm hier geschildert hat und wie auch Sie, Herr Bundesminister Dr. Michalek, es hier dargestellt haben: Ich sehe diese Gesetze als einen Notwehrakt des Staates gegenüber den steigenden Verbrechenspotentialen. Vier Gründe sind für mich maßgebend: erstens diese gegebenen Verbrechenspotentiale, zweitens die Gefährdung der Sicherheit des Staates und der einzelnen Bürger und drittens auch eine neue Form der Regierungsverantwortung der obersten Exekutivorgane.

Letztlich war es ein Punkt, der für mich ausschlaggebend war, dem zuzustimmen: Man kann nicht immer nur darauf verweisen, daß Wien neben Berlin die Verbrechenshauptstadt in Europa ist, man kann nicht immer sagen, daß die Verbrechenspotentiale steigen, wenn man andererseits dem Staat, der Exekutive, nicht die Möglichkeit gibt, diese Potentiale zu bekämpfen.

Der vierte Grund war für mich wirklich maßgeblich: daß dies ein Gesetz auf Zeit ist, daß Sie bereit sind, vor Ablauf dieses Gesetzes, ein halbes Jahr vorher darauf zu schauen, wo es eine Gefährdung der Grundrechte gibt, damit mögliche Gefahren für die Grundrechte in eine Novellierung einfließen können.

Herr Bundesminister Mag. Schlögl! Sie haben hier einen sehr guten Unterbau geschaffen, aber mir fehlt noch teilweise der Überbau. Wenn ich etwa an das Polizeikooperationsgesetz denke: Die notwendige EDV-mäßige Ausstattung läßt noch immer zu wünschen übrig. Es läßt die materielle Ausstattung der Exekutivorgane noch immer zu wünschen übrig, und es läßt die wirksame Kontrolle innerhalb des Staates noch immer zu wünschen übrig. Der bayerische Innenminister Beckstein hat bereits die Schleierfahndung angekündigt, und es gilt, diesbezüglich noch wirksame Maßnahmen zu setzen.

Noch etwas ganz Wichtiges: Die verantwortlichen Beamten müssen darauf vertrauen können, daß wir ihnen entsprechende Instrumente in die Hand geben und daß sie, wenn sie entspre


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite