Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 73

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Ich weiß, daß es umstritten ist. Ich traue mich auch Herrn Redakteur Barazon von den "Salzburger Nachrichten" zu zitieren, der sagt, es ist das eine neue bürokratische Bevormundung der Unternehmer, die hier eintreten soll.

Meine Damen und Herren! Es ist das absolutes Neuland, das damit beschritten wird, und daher sollten wir den Versuch wagen. Dieses Gesetz kann nicht vollkommen sein. Wir können dann nur aufgrund der Erfahrungen mit diesem Gesetz die entsprechenden Adaptierungen durchführen.

Meine Damen und Herren! Dieses Insolvenzrechtsänderungsgesetz umfaßt nicht nur dieses Unternehmensreorganisationsgesetz, sondern auch eine Vielzahl anderer Bestimmungen, die man erwähnen muß, wenn man zu diesem Gesetz spricht. Es sind das: Änderung der Konkursordnung; Änderung der Ausgleichsordnung; eindeutige Stärkung der Rechte der Aufsichtsräte in den Aktiengesellschaften, in den GesmbHs; Reduzierung der Zahl der Aufsichtsratsfunktionen. Dadurch wird es massive Eingriffe in das Wirtschaftsleben geben, und daher kann man, glaube ich, den beiden Regierungsparteien nicht die Wirtschaftskompetenz absprechen.

Es wurde mit den Sozialpartnern, mit der Arbeiterkammer, mit der Wirtschaftskammer, mit den Gläubigerverbänden eingehend diskutiert. Man versucht, in diesem Bereich zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen, um rechtzeitig Sanierungsmöglichkeiten für die Unternehmer auszuloten und so die hohe Zahl an Konkursen, Unternehmenszusammenbrüchen, wie wir sie vor allem im letzten Jahr hatten, hintanzuhalten. Unternehmenszusammenbrüche und Konkurse bedeuten die Vernichtung von Arbeitsplätzen, den Verlust von Know-how der Unternehmen und letztendlich die Vernichtung von Volksvermögen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Es wird mit dem sogenannten URG der Versuch gestartet, den Wirtschaftstreibenden ein Instrument in die Hand zu geben, die notwendigen Veränderungen früh und offensiv anzugehen, bei gleichzeitiger Wahrung berechtigter Gläubigerinteressen.

Meine Damen und Herren! Aufgrund dieses Gesetzes liegt die Entscheidung beim Unternehmer, wann er den Antrag auf Einleitung eines Reorganisationsverfahrens stellen will. Er hat auch die Möglichkeit, einen Vorschlag einzubringen, wer der Reorganisationsbeauftragte sein soll. Das heißt, der Unternehmer hat es sehr wohl in der Hand, hier einzugreifen oder entsprechend Einfluß zu nehmen, wie die Sanierung des Betriebes vor sich gehen soll; er soll Vertrauen haben gegenüber dem Reorganisationsreferenten.

Sie haben das Chapter-11-Verfahren erwähnt: Wir haben auch im Ausgleichsverfahren eine Exekutionssperre. Das heißt, viele Punkte, die mit dem Chapter-11-Verfahren im Jahr 1978 – ich glaube, es war 1978 – in den USA eingeführt wurden, haben wir schon längst in der Ausgleichsordnung gehabt. Ich glaube, man kann zwei Rechtssysteme, das amerikanische und das anglikanische, nicht unbedingt mit unserem System vereinen, in einen Topf werfen. Man muß genau prüfen, welche Bereiche übernommen werden können.

Meine Damen und Herren! Einer der wichtigsten Kritikpunkte war natürlich die Frage: Ist dieses Verfahren geheim oder nicht? – Auch ein stiller Ausgleich ist nicht unbedingt geheim, obwohl er so heißt. Die entsprechenden Gläubiger und Lieferanten wissen meistens, wie es um die Firmen steht. Daher kann man nicht jetzt auf einmal dem Reorganisationsverfahren vorwerfen, daß dadurch die Bonität der Betriebe stärker sinke, als wenn dieses Verfahren nicht durchgeführt würde.

Ich würde es eher umgekehrt sehen: Wenn wir erreichen, daß dieses Reorganisationsverfahren durchgezogen wird, haben damit auch die Gläubiger wieder mehr Vertrauen in das Unternehmen. Wenn man weiß, daß durch einen Reorganisationsbeauftragten laufend Beratungen durchgeführt werden, entspricht das mehr den Gläubigerschutzinteressen, als wenn man diese Verfahren nicht durchführte. Daß es bereits Interessenten, die sich im Rahmen dieser Reorganisationsverfahren beraten lassen wollen, gibt, zeigen jede Menge Anfragen bei den Wifis.


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