Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 76

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Ziel dieser gesetzlichen Maßnahmen muß es im wesentlichen sein, daß Unternehmenskrisen möglichst frühzeitig erkannt werden, damit rechtzeitig Sanierungsmaßnahmen eingeleitet werden können, weiters daß, wenn es zu einer Insolvenz kommt, die Durchführung eines Insolvenzverfahrens auch tatsächlich gewährleistet ist, also die derzeit häufigen Konkursantragsabweisungen mangels kostendeckenden Vermögens zurückgedrängt werden, im Insolvenzfall geprüft wird und die Möglichkeiten erleichtert werden, daß Sanierung und Fortführung des Unternehmens stattfinden, und schließlich, wenn sich diese Sanierung nicht mehr als wirtschaftlich vertretbar erweist, eine bestmögliche Verwertung des Unternehmens stattfindet.

All diesen Zielen ist auch diese Gesetzesvorlage verbunden. Ich glaube, daß ganz zu Unrecht die sehr umfangreichen, wichtigen Novellierungen des Handelsgesetzbuches, des GmbH-Rechtes, des Aktienrechtes und der Insolvenzgesetze in der Diskussion gegenüber dem Unternehmensreorganisationsgesetz in den Hintergrund treten. Nun ist es aber einmal offenbar die Fokussierung auf dieses Gesetz, die gefragt ist, und nicht die weitaus überwiegenden positiven Neuregelungen in den anderen Gesetzen, auf die ich aber doch pauschal hingewiesen haben möchte.

Das Unternehmensreorganisationsgesetz sehe ich entgegen der vorgebrachten Vorbehalte durchaus als einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Insolvenzprophylaxe an, vor allem durch das Anfechtungsfestmachen von Überbrückungs- und Sanierungskrediten als wesentliche Erleichterung der Ausschöpfung der Möglichkeiten einer rechtzeitigen und wirksamen Reorganisation insolvenzgefährdeter Unternehmen. Es ist auch das Ergebnis ausführlicher Beratungen mit Experten sowie intensiver Erfahrungen, die Praktiker des Wirtschaftslebens mit insolventen Unternehmungen und mit dem Insolvenzrecht gewonnen haben. Es kann nicht so sein, daß wir alle nur die falschen Experten und andere die richtigen Experten gefragt haben.

Ich darf schon auch bemerken, daß in einem den Ausschußberatungen vorangegangenen, einer Handhabung im Justizbereich entsprechenden Allparteiengespräch auch für den Vertreter der Freiheitlichen, Abgeordneten Schreiner, immerhin ein Wirtschaftsprüfer, abgesehen von der Frage der steuerlichen Entlastung der Sanierungsgewinne, keine weiteren Fragen offen waren. Wir wären gerne auf Detailkritik eingegangen, aber eine solche hat es nicht gegeben. Er ist auch im Plenum des Nationalrates dazu gestanden.

Es entspricht doch, glaube ich, der Einsicht aller Experten und Praktiker, daß die Sanierung eines Unternehmens umso erfolgversprechender ist, je früher Maßnahmen eingeleitet werden. In diesem Sinne verstehen wir, die wir hinter diesem Gesetz stehen, das Reorganisationsverfahren als ein Anbot an ein noch nicht insolventes Unternehmen, es bei der Bewältigung einer Krise, einer sich abzeichnenden möglichen Insolvenz zu unterstützen.

Noch ein paar Worte zu vorgebrachter Detailkritik.

Die im Gesetz definierten Kennzahlen, Herr Bundesrat, sind zunächst einmal nur Warnsignale, die den Unternehmer dazu veranlassen sollen, seine wirtschaftliche Situation mit Hilfe von Beratern überprüfen zu lassen. Es stimmt einfach nicht – das ist ein grundlegendes Mißverständnis –, daß das Vorliegen der Kennzahlen zur Einleitung des Unternehmensreorganisationsverfahrens zwingt. Es besteht nur für den Fall, daß es nicht eingeleitet wird und innerhalb einer Frist der Konkurs eintritt, unter bestimmten Voraussetzungen eine Haftung, es sei denn, daß sich nach Vorliegen der Kennzahlen – das ist eigentlich die einzige Verpflichtung, die damit verbunden ist – der Unternehmer mit seinem Unternehmen auseinandergesetzt hat, indem er einen Wirtschaftsprüfer beauftragt hat, zu klären, ob Reorganisationsbedarf gegeben ist oder nicht. Und wenn gerade im Hinblick auf die Besonderheiten einer speziellen Branche trotz Vorliegen der Kennzahlen ein Unternehmensreorganisationsbedarf nicht gegeben ist, dann besteht auch keine Verpflichtung, das Reorganisationsverfahren einzuleiten. Denn eine Verpflichtung zur Einleitung besteht nur bei Reorganisationsbedarf. – Ich bitte, diese beiden Dinge immer auseinanderzuhalten.

Was den Fall des Bekanntwerdens anlangt: Das kann natürlich nicht zur Gänze ausgeschlossen werden, auch wenn wir es nicht an die große Glocke hängen. Aber bitte, meine Damen und


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