Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 115

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Präsident Dr. Günther Hummer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, daß gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile es ihm.

16.37

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär in Vertretung des Herrn Bundeskanzlers! Ich möchte auf Ihren letzten Satz eingehen, worauf sich unsere Informationen stützen. Sie haben die gleichen Informationen, nämlich den Zustandsbericht des Verfassungsgerichtshofes und eine der seltenen Pressekonferenzen des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes. – Das sind unsere Informationsrichtlinien. Wenn Sie diese als derzeit nicht auf Stand bezeichnen, dann frage ich mich, was Sie sonst als richtig ansehen.

Ihre Antwort, Herr Staatssekretär, war umfassend im Sinne von leicht verständlich. Die Materie selbst ist kaum behandelt worden. Ihre Hauptworte waren "Problem ist uns bekannt", "wir erarbeiten Lösungsvorschläge", "es gibt Gespräche", "es gibt ein Handbuch für Legistik" und ähnliches mehr. – Konkret haben Sie überhaupt nur zwei Dinge erwähnt, das waren das Bundesasylamt und die Landesverwaltungsgerichtshöfe. Über den Konsultationsmechanismus, Ihre Regierungsvorlage, sind Sie hinweggegangen. Ich bin Ihnen übrigens dankbar, das muß ich sagen, daß Sie hier unter anderem auch den Parlamentariern, den Nationalräten, den Bundesräten, den Landtagsabgeordneten, die nirgends in diesem Konsultationsmechanismus genannt sind, beratenden Status zubilligen. Immerhin ist es ja ein Verfassungsgesetz. Also eigentlich sollte man da zumindest beratend mitwirken. Ich bedanke mich dafür. (Bundesrat Kone#ny: Sie haben auch das mißverstanden!)

Irgendwie bin ich sehr betroffen, daß aus Ihrer Anfragebeantwortung herausgekommen ist, wie leicht Sie eine solche Frage in den Wind blasen und links liegenlassen.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes ist nicht irgend jemand. Sie sagen, es ist eine neue Zeiterscheinung, daß sich die Klagen massenhaft häufen. Mit Lastwagen wurden die 11 122 Beschwerden wegen der Mindestkörperschaftsteuer angekarrt. – Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Wer hat denn das Gesetz erlassen? (Bundesrat DDr. Königshofer: Das ist der Spiegel der Gesetzgebung!) – Danke sehr. Sie stellen den Spiegel der Gesetzgebung dar.

Jetzt können Sie noch einwenden: Es hat doch viele Initiativanträge gegeben. Man hat aber genau jene Parlamentarier herangezogen, die die Regierung zu ihrer Unterstützung gebraucht hat. Wenn ich nachdenke, Herr Staatssekretär, dann stelle ich fest, daß das Bezügereformgesetz ein Initiativantrag war. Man hat das vollzogen, was die höchste Exekutive und die einzelnen wollten. Man hat gesagt: Jetzt dürft ihr einen Initiativantrag machen! – 90 Prozent der Gesetze – nehmen Sie das zur Kenntnis – sind Regierungsvorlagen. Sie tragen die Verantwortung für diese schlechte Qualität. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, wie lange es beim derzeitigen Stand der Erledigungen dauern würde, bis der Verwaltungsgerichtshof mit den anliegenden Fällen zu Rande käme? – Beim derzeitigen Arbeitstempo – das heißt, daß die einzelnen Verwaltungs- und Verfassungsrichter sehr schnell arbeiten – 101 Jahre. Wissen Sie, was das weiter heißt? – Sie sagen heute hier: Bitte, wir haben Maßnahmen gesetzt, damit diese Flut eingedämmt wird. Sie erwähnen diese 2 500 S. Wissen Sie, was Sie damit machen? – Sie verweigern dem Bürger den Zugang zum Recht. Das ist es, was Sie machen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In seiner neuesten Ausgabe betitelt "Focus" einen Artikel in bezug auch auf Österreich: Bürokratie-Wahn! Wie Gesetze und Vorschriften ein Land zu Tode regulieren! (Bundesrat Mag. Gudenus: Ja!) – Hat der Rechtsstaat ausgedient? – Bestimmt! Manches stimmt in unserem Staat nicht mehr. Aber nicht nur bei uns, sondern auch bei anderen stimmt es nicht, was die Sache allerdings nicht besser macht.


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