Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 130

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heeres im Inland – ein Zustand, den wir, die Öffentlichkeit und auch die betroffenen Soldaten über weite Bereiche als ausgesprochen bedenklich bezeichnen müssen.

Viele Koalitionspolitiker, Herr Bundesminister, haben sich in den letzten Monaten zu einem allfälligen Beitritt zur NATO geäußert, Sie sind dabei in der Öffentlichkeit sehr konsequent aufgetreten, und Sie haben in diesem Auftreten auch unsere Unterstützung gehabt. Sie haben sowohl im Ausland als auch im Inland bei all Ihren Positionen, die Sie dazu bezogen haben, keinen Zweifel daran gelassen, daß Sie die richtige Zukunftsvision von unserer Republik haben und daß Ihre Option ein Beitritt zur NATO oder zur WEU ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unser Respekt, Herr Bundesminister, wurde jedoch etwas getrübt, und zwar durch einen Artikel in der heutigen Ausgabe der "Presse", aus dem hervorgeht – oder bei dem ich den Verdacht habe, daß aus ihm hervorgeht –, daß Sie dieses politische Ziel nicht mehr mit derselben Konsequenz verfolgen wollen, wie Sie das in der letzten Zeit getan haben.

Bei der Position, die Sie in diesem Interview beziehen, Herr Bundesminister, ist er nämlich schon wieder sichtbar: der rote Nasenring, an dem Sie von Ihrem Koalitionspartner festgezurrt werden, um in dieser Frage auf SPÖ-Linie gebracht zu werden. Wir sehen das mit Besorgnis, und wir möchten, daß Sie heute auch hier vor dem Bundesrat erklären, in welcher Weise die Bundesregierung nunmehr ihren Optionenbericht plant, wie Sie als Mitglied der Bundesregierung, als Ressortverantwortlicher, in dieser Frage vorgehen wollen und wie Sie Ihre Position darlegen.

Der zweite Bereich, den wir ansprechen müssen, Herr Bundesminister, ist der Zustand des Bundesheeres, und dieser ist leider Gottes ein sehr bedenklicher. Manchmal hat man sogar den Eindruck, daß die Debatte über den Beitritt zur NATO dazu verwendet wird, um über den eigentlichen Zustand unseres Bundesheeres hinwegzutäuschen und ihn zu verschleiern. Denn wir geben in den letzten Monaten und Jahren beträchtliche Mittel für die Auslandseinsätze und für all die Dinge aus, die durch unseren Beitritt zur Europäischen Union neu dazugekommen sind, und vergessen dabei anscheinend ganz, daß das Bundesheer und seine Strukturen auch innerhalb der Republik erhalten und funktionsfähig gehalten werden müssen.

Dieser beunruhigende Zustand des Bundesheeres wird durch verschiedene Berichte der Truppe erläutert. Ich darf mich auf den Befehlsbereich 9 beschränken, Herr Bundesminister! Im Bereich des Militärkommandos Vorarlberg ist nämlich die Situation eingetreten, daß bei einer Revision in der letzten Zeit mehr als zwei Drittel der Kraftfahrzeuge – Sie werden das vielleicht gemeldet bekommen haben – einfach nicht mehr einsatzfähig waren!

Herr Bundesminister! Ihre Jägerbataillone sind nicht mehr mobil! Im Bundesheer des Landes Vorarlberg hat man nicht mehr genügend Geld, um die Pachtgebühren für die Übungsplätze zu bezahlen. Der Schießplatz in Bregenz, der für alle Kasernen des Landes Vorarlberg dienen muß, kann aus Geldmangel nicht mehr erhalten und weitergeführt werden! All diese Dinge sind beängstigend, Herr Bundesminister, und all diese Dinge harren einer Lösung durch die Bundesregierung, harren Vorschlägen aus Ihrem Ressort, die Sie auch mit klaren Vorstellungen in bezug auf die Finanzierung all dieser Bereiche begleiten müssen.

Die Problematik der Beschaffung neuer Abfangjäger soll hier gar nicht im Detail erläutert werden – Sie können vielleicht in Ihrer Beantwortung darauf eingehen. Daß es gelungen ist, das Mech-Paket umzusetzen, wird von uns begrüßt, aber es werden wohl auch die Panzerfahrzeuge, die jetzt angeschafft werden, nicht ausreichen, um die Panzergrenadierbrigaden, die wir haben, aufzufüllen. Welchen Luftschirm diese Verbände für ihre Operationen benützen werden, ist außerdem nach wie vor unklar.

Auch die personelle Situation, Herr Bundesminister, die Bedeckung all dieser Aufgaben des Bundesheeres durch die Grundwehrdiener ist nicht klar. Die Heeresgliederung-Neu war zuerst für 34 000 Grundwehrdiener pro Jahr konzipiert, dann gingen Sie auf 32 000 herunter, und jetzt wird die Zahl 28 000 kolportiert, um die 10 000 Mann Präsenzkräfte sicherzustellen und auch um die Miliz weiter befüllen zu können.


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