Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 132

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denken. – Das ist zweifellos nicht der Fall. Das, was jetzt bevorsteht, ist jene Adaption der Heeresgliederung-Neu, die von Anfang an aufgrund der Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren machen konnten, vorgesehen war, und zwar eine Reform in der Richtung, daß Effizienz und Einsatzbereitschaft im Vordergrund stehen. Quantitative Veränderungen stehen nicht im Mittelpunkt und sind auch nicht in einer Größenordnung gedacht, die eine wesentliche Substanzänderung des Heeres mit sich bringen würde.

Zweifellos im Mittelpunkt stehen Spezialisierung, fortgesetzte Professionalisierung und weitere Erhöhung der Einsatzbereitschaft. Hinzufügen möchte ich – da Sie es angesprochen haben –, daß ich die einsatzähnliche Übung und den Einsatz selbst als beste Übung und beste Einsatzvorbereitung ansehe. Daher sind für mich sowohl Auslandseinsätze als auch Einsätze in Österreich Maßnahmen von herausragender Bedeutung, die in eminentem Ausmaß dem Können des Bundesheeres dienen, weil insbesondere im Einsatz Kenntnisse und Erfahrungen erworben werden, die man im Verlauf normaler Übungen nie erwerben könnte. Insofern erblicke ich darin auch einen integralen Bestandteil der Vorbereitung des österreichischen Bundesheeres auf einen Einsatz im Bereich der Landesverteidigung.

Weiters haben Sie die Frage gestellt, ob das österreichische Bundesheer unter den gegebenen innenpolitischen Rahmenbedingungen in der Lage ist, NATO-kompatible Strukturen aufzubauen. Die Frage, die man voranstellen müßte, lautet: Ist das überhaupt notwendig? – Dazu kann man ein eindeutiges Ja sagen. Denn die Zusammenarbeit mit anderen Armeen kann nur aufgrund von Normierungen erfolgen, und für effiziente Arbeit sind kompatible Strukturen notwendig. Insbesondere der Großeinsatz in Bosnien hat uns gezeigt, wie wichtig das ist. In unserem Bataillon in Visoko arbeiten Soldaten aus den vier unterschiedlichen Armeen von Belgien, Luxemburg, Griechenland und Österreich zusammen. Dort muß es selbstverständlich Normierungen geben: in der Struktur, in der Sprache, in der Auftragslage, in Kommunikation und Information et cetera. Andernfalls wäre es unmöglich, ein solches Bataillon zu führen.

Dies ist ein signifikantes Beispiel dafür, daß es möglich ist, nicht nur auf Regiments-, Brigade-, Divisions- und Korpsebene, sondern sogar auf Bataillonsebene mit mehreren Nationen effizient zu kooperieren. Dieses Beispiel konnte auf sehr eindrucksvolle Art und Weise durch unser Bataillon und durch die Mitarbeit der Österreicher erbracht werden, also der Soldaten aus dem Staat, der als einziger der dort vertretenen Staaten nicht Vollmitglied der NATO ist.

Wir werden diesen Weg konsequent fortsetzen, weil es notwendig ist. Das hat mit der Umstellung des Kartensystems begonnen – zielorientierte Ortsangaben wären ohne übereinstimmende kartographische Bedingungen gar nicht möglich – und reicht bis hin zur Normierung von Sprachkonventionen und Begriffen. Wir werden unsere Informations- und Kommunikationssysteme, unsere Führungs- und Organisationssysteme im Hinblick auf ein sehr professionelles Zusammenwirken weiterhin anpassen und die entsprechenden Maßnahmen konsequent durchführen.

In Ihrer dritten Frage möchten Sie von mir wissen, ob ich die Auffassung teile, daß im Lichte der sicherheitspolitischen Entwicklung in Europa der Beitritt zur NATO-Neu die beste Option für Österreich ist. Weiters geht es um eine Auskunft darüber, welche Maßnahmen im Hinblick auf die offensichtlichen Meinungsverschiedenheiten mit dem Koalitionspartner zu ergreifen wären, um dieses Ziel zu erreichen. – Ich werde mit einem hohen Ausmaß an Zielorientierung, mit Geduld und Hartnäckigkeit im parlamentarischen und politischen Bereich sowie darüber hinaus in der gesamten Öffentlichkeit die Argumente vorbringen, die dazu führen sollen, daß Österreich die beste Option, nämlich den Beitritt zur NATO, in absehbarer Zeit tatsächlich ergreifen kann. Lassen Sie mich dazu einiges ausführen.

Es gibt immer mehrere Optionen und Möglichkeiten, und die Sichtweise in Österreich war sicherlich vor zwei Jahren oder noch vor einem Jahr eine ganz andere als heute. Halten Sie sich vor Augen, was sich allein in den letzten Wochen geändert hat! Im Vordergrund stand die Diskussion auf der Konferenz von Madrid um die NATO-Erweiterung, das heißt um die Aufnahme von Polen, Tschechien und Ungarn als neuen Vollmitgliedern. Das ist aber mit Sicherheit nicht die wichtigste Veränderung, die stattgefunden hat. Wenige Wochen davor, am 27. Mai dieses


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