Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 197

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Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht nicht darum, daß ich sage, die Familien haben weniger Geld zur Verfügung, oder daß ich einzelne Punkte des Sparpaketes noch einmal herausgreife, sondern es geht um die Summe der Maßnahmen, welche die Bevölkerung in den letzten zwei Jahren getroffen hat, seien es die 50 S Gebühr für einen Krankenschein, seien es die Reduktionen der Familienförderung. Es bringt nichts, jetzt wieder alle Punkte der Sparpakete aufzuzählen. Was mich in diesem Zusammenhang aber ärgert, ist die Tatsache, daß die Regierung beziehungsweise – das muß man fairerweise sagen – einzelne Mitglieder der Regierung auf diese Situation überhaupt nicht eingehen wollen.

Zeigt man Fakten auf, wie zum Beispiel die hohe Zahl der Studierenden, die neben dem Studium arbeiten, dann gibt der zuständige Minister im Ausschuß des Nationalrates folgenden Kommentar ab: Na ja, die wollen sich eben mehr leisten, und deshalb arbeiten sie. Ich halte das für eine unheimliche Ignoranz, denn Sie wissen genausogut wie ich, wie vielen es schwerfällt, zu studieren, und zwar auch aus finanziellen Gründen. Ich hoffe, daß das Wissen um die Belastung der Familien auch bis zur Regierungsbank vordringt.

Herr Finanzminister Edlinger meinte zum Beispiel bezüglich der Kürzung der Bausparprämien –ich zitiere –: "Das kostet den Sparer im Monat 20 S. Selbst wenn ich die ganze Prämie gestrichen hätte, hätte das niemanden umgebracht." – Nachzulesen im "profil" vom 30. 6. 1997. Ich frage mich, ob der Herr Finanzminister über die finanzielle Situation der Familien Bescheid weiß. Das gilt speziell für Familien, die Kinder haben, die weiterstudieren, die einen weiterführenden Bildungsweg in Angriff nehmen wollen.

Abgesehen davon – das soll jetzt nur eine Nebenbemerkung sein –, daß man in bestehende Verträge eingreift und die Bevölkerung das einfach zur Kenntnis nehmen muß, finde ich das auch insofern bedenklich, als Familien – das war bitte bis jetzt legal – Bausparverträge abgeschlossen haben, um das Geld dann nach Ablauf des Vertrages als finanzielle Ausgangsbasis für ein etwaiges Studium ihrer Kinder zu verwenden. Man muß das auch unter diesem Aspekt sehen.

Auch die Tatsache, daß aus unserer Sicht mit dieser Novellierung eine Diskriminierung der 30- bis 35jährigen, die bisher in den Genuß eines Stipendiums gekommen sind, gegeben ist, ist aufzuzeigen. In der letzten Sitzung des Bundesratsplenums – Sie alle, meine Damen und Herren, werden sich daran erinnern – haben wir über die Berufsreifeprüfung diskutiert, über die Möglichkeit des Zugangs zur Universität für Menschen, die in Ausbildung sind, die einen Beruf erlernt haben. Und mit dieser Vorlage betreffend das Studienbeihilfengesetz nimmt man jetzt genau jenen Personenkreis von den Stipendien aus, und das ist meiner Meinung nach nicht gerecht.

Immer wieder wird von lebensbegleitendem, lebenslangem Lernen gesprochen. Es müssen aber auch die Rahmenbedingungen stimmen, sonst – das muß ich leider sagen – verkommen solche Aussagen zu Worthülsen beziehungsweise sind sie nur leere Versprechungen.

Wir Freiheitliche erheben auch hier im Bundesrat die Forderung, daß die Ferialtätigkeit nicht, wie jetzt in der Vorlage geplant, auf die Ferienmonate im Sommer, die Weihnachts-, Oster- und Semesterferien beschränkt bleiben soll, sondern daß statt dessen der Begriff "lehrveranstaltungsfreie Zeiten" in das Gesetz aufgenommen werden soll. Es geht auch darum, daß manche Studienrichtungen verpflichtende Praktika haben, das heißt Berufspraktika, während derer auch keine Lehrveranstaltungen stattfinden, und dieser Zeitraum ist durch das Gesetz nicht abgedeckt.

Es sind gute Ansätze in der Vorlage enthalten, doch aufgrund der Tatsache, daß die auch von mir aufgezeigten Schwerpunkte fehlen, werden wir dieser Gesetzesvorlage nicht zustimmen. –Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.19

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach. Ich erteile es ihr.


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