Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 204

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uns schon daran gewöhnt haben, viele Dienstleistungen aus staatlicher Hand zu empfangen, daß wir uns gar nicht überlegen, ob es sich überhaupt um die optimale Lösung handelt. Natürlich liegt einem etwa jenes Beispiel auf der Zunge, bei dem der Personenverkehr auf der Strecke nicht weit von Wien von drei staatlichen und einem privaten Unternehmen bedient wird, wobei nur ein Unternehmen etwas dabei verdient, nämlich das private.

Aber ich möchte in diesem Zusammenhang weder polemisch noch ideologisch agieren. Vielmehr halte ich es für außerordentlich wichtig, daß man bei dieser Frage – was ist Sache des Staates versus Privatisierung? – pragmatisch vorgeht und überlegt, was die jeweiligen Notwendigkeiten sind.

In diesem Zusammenhang möchte ich eine Frage in den Raum stellen: Was, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist denn der anzustrebende Idealzustand? – Ich meine, der Idealzustand ist dann gegeben, wenn der Finanzminister beziehungsweise die öffentliche Hand größtmögliche Einnahmen bei bestgehendster Wirtschaft erzielt, ohne – ich betone: ohne – dabei den Steuerzahler zu belasten. Dies ist aber wiederum dann am ehesten zu erreichen, wenn das Land über eine große Anzahl gutgehender Betriebe und über eine große Anzahl erfolgreicher Wirtschaftstreibender verfügt, wobei die Menge ein hohes Steueraufkommen bescheren soll und nicht ein hoher Steuersatz, der nämlich, wie sich an vielen Beispielen zeigt und gezeigt hat, kontraproduktiv ist.

Meine Damen und Herren! Nach meinem Dafürhalten und nach den Erfahrungen der Vergangenheit hat in unternehmerischen Belangen die Privatinitiative Vorrang vor der staatlichen Aktivität. Und ich plädiere sehr dafür, daß wir auseinanderhalten, was weiterhin als öffentliche Dienstleistung als Public service notwendig ist und was von Privaten besser und vor allem Steuerzahler schonender erbracht werden kann.

Um die wieder stärker aufflammende Diskussion um die Thematik Staat oder privat etwas zu relativieren, möchte ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ans Herz legen, sich wieder einmal mit der Entstehungsgeschichte unseres Verstaatlichungsgesetzes auseinanderzusetzen. Denn damals standen nicht so die ideologischen Überlegungen im Vordergrund, sondern vielmehr nachkriegsbedingte Notwendigkeiten.

Im Zusammenhang mit den heute vorliegenden Gesetzen möchte ich auch den Themenkreis Aktien und Börse kurz anschneiden. Die Österreicherinnen und Österreicher verfügen über ein Geldvermögen in der Höhe von etwas mehr als 3 500 Milliarden Schilling, wovon bisher nur ein geringer Anteil in Aktien angelegt ist. Das heißt, es ist ein Gebot der Stunde, mit entsprechenden Maßnahmen und entsprechenden Promotionen die Sparer dazu zu bewegen, einen Teil ihrer Ersparnisse in Aktien anzulegen. Man hat bei vergangenen Börsengängen von Unternehmen ja gesehen, daß es durchaus eine Bereitschaft gibt, in heimische Unternehmen zu investieren. Ich erachte es daher für sinnvoll, auch bei Bankprivatisierungen den österreichischen Streubesetz zu fördern, die private Anlegerschaft zu nutzen und diese mit kleinen strategischen Führungsgruppen sinnvoll zu kombinieren.

Ein weiterer wesentlicher Punkt im Zusammenhang mit dem heimischen Aktienmarkt ist der Ausbau der zweiten und dritten Säule der Pensionsvorsorge, nämlich der Aufbau von Pensionsfonds beziehungsweise Pensionskassen. Denn diese werden nicht nur bei uns in Zukunft das System der sozialen Sicherheit unterstützen, sondern sie sind auch als Investoren für das Funktionieren der Wirtschaft von größter Bedeutung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Thema Banken möchte ich auch noch auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen. Was die Ausgewogenheit von Kundeninteressen und Eigeninteressen einer Bank betrifft, so hat für mich der amerikanische Banking Act aus dem Jahr 1933 große Vorbildwirkung. Dieser Banking Act hindert amerikanische Banken daran, größere Anteile an Unternehmungen zu halten, das erlaubte Maximum ist ein Anteil von 5 Prozent. Ich halte eine derartige Regelung im Sinne der Vermeidung von Interessenkonflikten für außerordentlich wichtig.


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