Bundesrat Stenographisches Protokoll 630. Sitzung / Seite 31

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wenien und Ungarn werden 1999 NATO-Mitglieder sein. Damit ist nach den Beschlüssen der NATO-Tagungen von Berlin und Brüssel das künftige europäische Sicherheitskonzept des Bündnisses einstweilen fertiggestellt, aber ohne Republik Österreich.

Obgleich Sie, Herr Verteidigungsminister, klar festgestellt haben, daß ein Beitritt zur NATO die beste Option für uns sei, werden aus dieser richtigen Analyse von Ihnen von der Bundesregierung nicht die notwendigen Schlüsse gezogen. Auch heutige Pressemitteilungen weisen in diese Richtung. Die SPÖ verhindert eine zukunftsweisende Politik, und die ÖVP setzt sich in dieser Frage anscheinend nicht durch.

Meine Damen und Herren! In der Außen- und Sicherheitspolitik bietet diese Bundesregierung nach wie vor ein Bild der Uneinigkeit und Unsicherheit. Die Bürger fragen sich zu Recht, wozu wir eigentlich der Europäischen Union beigetreten sind. – Nur um den Beitrag Jahr für Jahr zu bezahlen, oder auch um die Zusammenarbeitsmöglichkeiten der Gemeinschaft in wichtigen Bereichen zu nutzen? – Denn warum die Bundesregierung gerade in jenem Bereich, in dem unsere Republik die größten Defizite hat, nämlich in der Sicherheitspolitik, nicht in der Lage ist, die notwendigen Schritte zu setzen, ist unverständlich, Herr Bundesminister!

Sicherheitspolitik, meine Damen und Herren – ich konnte das hier schon öfters sagen – ist nicht Verteidigungspolitik und Militär alleine, aber in letzter Konsequenz eben auch und in der allerletzten Konsequenz eben ausschließlich. Wir Freiheitlichen haben deshalb schon vor der EU-Volksabstimmung 1994 gesagt, daß die Entwicklung und Herausbildung eines europäischen kollektiven Sicherheitssystems erforderlich seien und daß die NATO und die WEU den einzigen Weg dazu darstellen.

Mit dem Vertrag von Maastricht – das scheinen die Damen und Herren der Regierungsparteien zu vergessen – wurde auch ein Kapitel über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik eingeführt, und zwar mit dem Ziel der Stärkung der Sicherheit der Union und ihrer Mitgliedstaaten in all ihren Formen. Artikel J 4 besagt unter anderem: Die GASP, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, umfaßt sämtliche Fragen, welche die Sicherheit der Europäischen Union betreffen, wozu auf längere Sicht auch die Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu gegebener Zeit zu einer gemeinsamen Verteidigung führen können muß.

Außerdem hat Österreich im Beitrittsvertrag eine gemeinsame Erklärung zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik abgegeben, worin die EU und Österreich übereinkommen, daß mit dem Beitritt alle Ziele des Vertrages, auch die Bestimmungen der GASP und die ihm beigefügten einschlägigen Erklärungen vollständig und vorbehaltlos übernommen werden.

Meine Damen und Herren! Tatsache ist, nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes und dem Zerfall des Ostblocks werden völlig neue Anforderungen an die europäische Sicherheitspolitik gestellt. Die Gefahr von regionalen Konflikten, die eine Bedrohung für Österreich bedeuten könnten, ist rapide gestiegen. Die GASP ist, wie am Beispiel des Balkankonfliktes deutlich wurde, völlig unzureichend entwickelt, um die anstehenden Probleme zu lösen. Die Neutralität unseres Landes hat in der Vergangenheit sicherlich einen großen Beitrag zu Sicherheit und Unabhängigkeit geleistet, aber glücklicherweise, so muß man sagen, mußte der Wahrheitsbeweis, nämlich der Schutz im Aggressionsfall, auch nie angetreten werden. Eine ernstgenommene Neutralität würde nämlich bedeuten, daß wir in Friedenszeiten eine konsequente Neutralitätspolitik gegenüber allen potentiellen Konfliktparteien beachten müßten, was die völlige Isolation Österreichs im Rahmen der EU und in der internationalen Staatengemeinschaft zur Folge hätte. Auch wären die Kosten für eine alleinige und isolierte Landesverteidigung kaum abschätz- und bewältigbar.

Bisher hat Österreich seine Landesverteidigung leider stets vernachlässigt und in den wesentlichsten Bereichen auch regelrecht ausgehungert. Österreich liegt nach wie vor mit etwas mehr als 0,8 Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt bei den Verteidigungsausgaben hinter Luxemburg an letzter Stelle in Europa. Der Beobachterstatus bei der WEU und die zögerliche Teilnahme an der Partnerschaft für den Frieden bringen keine zusätzliche Sicherheit für Österreich.


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