gen. Aber niemand erwartet von uns, daß wir unsere Interessen dabei unter den Tisch fallen lassen.
Die österreichische Präsidentschaft wird sicherlich nicht nur unter diesem Aspekt stehen und stehen können. Es wird andere Fragen geben, die sich im nächsten Dreivierteljahr entwickeln werden. Aber wir müssen gleichzeitig dazusagen, was immer das Formale und Tagesordnungsmäßige ist: Wenn wir Europapolitik ernst nehmen, wenn wir unsere Mitgliedschaft in der Europäischen Union mit Leben erfüllen wollen, dann sollten wir uns sehr davor hüten, Probleme, die tatsächlich europäische sind, zu renationalisieren oder nur in einem nationalen Kontext zu betrachten.
In einem sich immer mehr vernetzenden Kontinent ist beispielsweise Arbeitslosigkeit zwar natürlich ein Problem, das sich national ausformt – nicht zufällig gibt es auch gewaltige Unterschiede, wobei Österreich zu jenen gehört, die mit diesem riesigen Problem noch relativ am besten zurechtgekommen sind –, aber die Rahmenbedingungen werden im europäischen Maßstab gesetzt.
Deshalb ist es so wichtig, daß im Vertrag vom Amsterdam – das ist ein österreichischer Erfolg und, ich füge das hinzu, zu einem guten Teil ein sozialdemokratischer Erfolg – ein Beschäftigungskapitel enthalten ist und daß wir einen Beschäftigungsgipfel vor uns haben, der sicherlich nicht das Wundermittel sein wird und sicherlich nicht durch Beschluß die Arbeitslosigkeit in Europa zum Verschwinden bringen wird, der aber doch konkrete Schritte zuwege bringen sollte und nicht zuletzt ein Signal dafür ist, daß auf der europäischen Ebene dieses zentrale Problem der arbeitenden Menschen ernstgenommen und an die oberste Stelle der Prioritätenliste der Union gereiht wird.
Das ist unsere politische Verantwortung, und es ist kein Zufall, daß die Europäische Union ab dem Zeitpunkt in der Lage war, dieser politischen Verantwortung Rechnung zu tragen, als es in wichtigen europäischen Staaten zu einer entscheidenden Wende zugunsten der Sozialdemokratie kam.
Die österreichische Außenpolitik, die diesen Aspekt betonen muß, die ihre Mitarbeit in der Union stärken und alle Möglichkeiten nutzen muß, ist freilich dennoch nicht nur eine Unterabteilung der EU-Politik. Wir sollten uns dessen bewußt sein – das kommt auch in dem Bericht sehr klar zum Ausdruck –, daß wir nicht "abgedankt sind" als ein Element internationaler Politik, nicht nur im Bereich vieler friedenssichernden Maßnahmen, sondern daß wir natürlich auch in Drittregionen unsere Interessen, unsere Standpunkte, aber auch unseren Beitrag konkret und gesondert zum Ausdruck zu bringen haben.
Frau Kollegin Riess hat zumindest in der polemischen Ausprägung – sonst glaube ich das eigentlich nicht (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Wie immer!) – ein gestörtes Verhältnis zur Diskussion. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Sie haben ein gestörtes Verhältnis zu mir! – Allgemeine Heiterkeit.) – Nein, überhaupt nicht. Frau Kollegin! Sie stellen mich geradezu bloß vor meiner Fraktion. Ich würde es wirklich zutiefst bedauern, wenn ich mit irgend etwas diesen Eindruck erweckt hätte. Unsere lauschigen Präsidialkonferenzen lassen sich nicht filmen.
Aber Sie haben versucht, so zu tun, als würde die österreichische Außenpolitik letztlich nicht zu einem gemeinsamen Nenner finden. Zu unterstellen, daß die Österreichische Volkspartei und die Sozialdemokratie von vornherein zu jeder außenpolitischen Frage dieselbe ... (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Da haben Sie mir nicht zugehört! Da haben Sie mir nicht zugehört!) – Ich habe Ihnen sehr gut zugehört. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Nein, haben Sie nicht! Da haben Sie geschwätzt!) – Ich habe hochinteressiert zugehört. Ich habe auch Notizen von Ihren Äußerungen. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Oder nicht verstanden!)
Liebe Frau Kollegin! Sie wissen, meine Zuneigung hat nahezu kein Grenzen. (Allgemeine Heiterkeit.) Die Betonung lag aber auf "nahezu", das gebe ich schon zu. Wenn wir eine harte Diskussion mit sehr unterschiedlichen Standpunkten führen, die aus unterschiedlichen Einschätzungen, aber natürlich aus unterschiedlichen geistigen Traditionen kommen, wenn wir also einen
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