Bundesrat Stenographisches Protokoll 632. Sitzung / Seite 52

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Verhandlungen der Ausschüsse oder Unterausschüsse des Nationalrates und Bundesrates zu ermöglichen. Soviel ich weiß, sind Nationalrat und Bundesrat immer noch autonome Gremien, und ich meine, die Bundesregierung kann in keiner Weise Einfluß nehmen. Das beschließen die Gremien selbst.

Nun zum uns heute vorliegenden Bericht der Volksanwaltschaft 1996. Es ist schon bei meinen Vorrednern angeklungen, daß man die heutige Debatte dieses Berichtes im Plenum des Bundesrates als Premiere im Bundesrat betiteln könnte; man könnte sagen: eine gelungene Premiere mit hervorragenden Akteuren auf der Bühne, die ihre Rolle meisterlich beherrschen und mit großer Akribie, aber auch Sensibilität auf das Publikum, sprich das Volk, eingehen – so würde etwa Karl Löbl in der Sprache der Kulturkritiker resümieren. Die meisterliche Leistung des Regisseurs lag darin, diese Vorstellung einem breiteren Publikum zugänglich gemacht zu haben, nämlich dem Bundesrat, der Länderkammer.

Meine Damen und Herren! Die Sitzung unseres Ausschusses für Verfassung und Föderalismus am vergangenen Dienstag, in der dieser Bericht behandelt wurde, wird mir lange in Erinnerung bleiben. Uns wurde mit vielen Beispielen vor Augen geführt, mit welchen Sorgen und Nöten Menschen in unserem Land konfrontiert sind, gegen die sie oft mit viel – ich möchte es so sagen – Gegenwind ankämpfen müssen, beziehungsweise wie groß das Engagement und das Einfühlungsvermögen unserer Volksanwälte bei der Lösung dieser an sie herangetragenen Fragen ist.

Wie aus dem vorliegenden Bericht zu entnehmen ist, steigt die Zahl der an die Volksanwaltschaft herangetragenen Fälle stetig an. Im Jahre 1966 wurden – einige Zahlen muß ich nennen – insgesamt 10 366 Anbringen – wie es in der Fachsprache heißt, dieser Ausdruck ist uns auch nicht so geläufig – an die Volksanwaltschaft herangetragen. Das ist eine Steigerung von 12,4 Prozent gegenüber dem Jahre 1995. Im Bereich der Beschwerdeanliegen, die zum Beispiel dem Ressort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zugeordnet waren und von Frau Volksanwältin Mag. Messner betreut werden, stieg dieser Prozentsatz um 12 Prozent von 559 auf 682 Fälle. Im Bereich der von Frau Volksanwältin Korosec betreuten Landes- und Gemeindeverwaltungsfälle betrug die Zunahme 14 Prozent, und im Aufgabenbereich von Herrn Volksanwalt Schender, zuständig für die Bundesministerien für wirtschaftliche Angelegenheiten, Inneres, Justiz, Landesverteidigung und Unterricht, lag die Steigerung ebenfalls bei rund 14 Prozent.

Ich meine, diese Zahlen zeigen, daß sich die Bürger in vermehrtem Maße ungerecht behandelt fühlen beziehungsweise sich nicht ohne weiteres mit negativen Bescheiden – aus welchen Gründen auch immer, das können wir nicht beurteilen – abfertigen lassen und deshalb den Weg zur Volksanwaltschaft suchen. Sie zeigen uns aber auch, wie wichtig diese Einrichtung für unsere Bürger ist, denn es sind – das haben wir auch im Ausschuß gehört – in erster Linie jene Leute, die es sich nicht leisten können, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden, um allenfalls zu ihrem Recht zu gelangen. Die Volksanwaltschaft ist eine Instanz ihres Vertrauens, die nichts kostet, wie Sie, sehr geehrte Frau Volksanwältin Mag. Messner, es im Ausschuß treffend formuliert haben.

Deshalb ist es umso wichtiger, daß die Volksanwaltschaft vor allem auch vor Ort ihre Leistungen anbietet. Dies geschieht bis jetzt in der Form, daß mindestens einmal im Jahr in jedem Bezirk unseres Landes ein Sprechtag abgehalten wird, zumeist in der Bezirkshauptmannschaft und seltener, so höre ich, in den Gemeinden. Ich meine auch, daß wir als Vertreter des Volkes im Bundesrat uns mehr einbringen und die Gemeinden auffordern sollten, vermehrt die Dienste der Volksanwaltschaft im Interesse der Bürger in Anspruch zu nehmen und deren Vertreter zu Sprechtagen in die Gemeinden einzuladen. Wie wir alle aus Erfahrung von unseren eigenen Sprechtagen wissen, ist bei vielen Menschen noch eine gewisse Hemmschwelle vorhanden, wenn sie zu einer Behörde gehen müssen, weil sie als sogenannte "Bittsteller" kommen.

Deshalb sollten die Volksanwälte ihre Sprechtage auch außerhalb von Bezirkshauptmannschaften durchführen; man kann ruhig in ein Gasthaus oder Kaffeehaus gehen, weil die Leute dann ungezwungener an die Sache herangehen. Dies sollte auch in kleineren Orten geschehen,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite