Bundesrat Stenographisches Protokoll 633. Sitzung / Seite 14

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werdenden Gesetzesbeschlüsse zu informieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, sie zu prüfen und allfällige Wünsche hinsichtlich der Geltendmachung von Länderinteressen äußern und koordinieren zu können.

In diesem Sinne sind wir seit längerer Zeit – erstmals unter der Präsidentschaft von Gottfried Jaud – dazu übergegangen, unsere Sitzungen so anzusetzen, daß zwischen der Beschlußfassung im Nationalrat und der Beratung im Bundesrat ein Zeitraum von wenigstens zehn bis 14 Tagen liegt. Dabei wurde den Landtagen und Landesregierungen in Aussicht gestellt, bei Bedarf – nicht automatisch – den uns zur Verfügung stehenden Zeitraum von acht Wochen ebenso wie die Bundesregierung zu nutzen und die Behandlung eines Gesetzesbeschlusses über Wunsch auf die nächste Sitzung zurückzustellen. Davon wurde im Interesse der Länder auch verschiedentlich maßvoll Gebrauch gemacht.

Das ist bei den heute und morgen zur Beratung stehenden Tagesordnungspunkten – abgesehen von den von dieser Diskussion nicht betroffenen Budgetbegleitgesetzen – nicht möglich, weil sie spätestens am 31. Dezember im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden sollten, um ein rückwirkendes Inkrafttreten zu vermeiden. Das bedeutet in der politischen Realität aber nichts anderes, als durch den Nationalrat vor vollendete Tatsachen gestellt zu sein und davon auszugehen, daß wir in diesen Fällen bloßes Ratifizierungsorgan sind, sozusagen ein zeitlich lästiges Anhängsel der Gesetzgebung.

Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, daß sich diese Praxis weit von der in Artikel 24 B-VG niedergelegten Regelung entfernt, wonach die Gesetzgebung des Bundes von Nationalrat und Bundesrat gemeinsam ausgeübt werde. Natürlich gibt es gute Gründe, wonach ein Gesetz nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt, sondern eben zum 1. Jänner, gelegentlich auch zum 1. Juli in Kraft treten soll. Diese Gründe sind aber durchwegs vorher bekannt, und die Landtage müssen ja auch darauf Rücksicht nehmen, ihre Gesetzesbeschlüsse spätestens acht Wochen vor dem gewünschten Zeitpunkt des Inkrafttretens beschlossen zu haben.

Es kommt nicht selten vor, daß durch Eile und zeitlich knappe Beschlußfassung vorangegangenene Säumigkeit kompensiert und kaschiert werden soll. Viel häufiger ist allerdings, und das muß zur Entlastung der Bundesregierung gesagt werden, daß der Nationalrat Vorlagen liegen läßt, kurzatmige Entscheidungen trifft und von sich aus kurze Inkrafttretensfristen festlegt. Besonders problematisch ist das jeweils dann, wenn es uns wie im Dezember aufgrund der Feiertage faktisch nicht möglich ist, mit einer entsprechenden Disposition der Sitzungstermine selbst ausreichend Zeit zu verschaffen.

Da dies jedes Jahr von vornherein gegeben ist, hat Präsident Dr. Herbert Schambeck namens der Präsidialkonferenz des Bundesrates bereits am 13. März den Herrn Nationalratspräsidenten darauf aufmerksam gemacht, daß – und ich zitiere jetzt wörtlich – Vorlagen, die mit 1. Jänner 1998 in Kraft treten sollen, vom Nationalrat bereits in der Plenarsitzungswoche vom 4. bis 7. November oder in einer Sitzung in der ersten Dezemberwoche verabschiedet werden müßten. – Ende des Zitats.

Da sich abgezeichnet hat, daß dieser Hinweis – abgesehen von der Pensionsreform – ins Leere gehen würde, wurde in Aussicht gestellt, solche Gesetzesbeschlüsse ausnahmsweise dann auf die Tagesordnung unserer Dezembersitzung zu stellen, wenn zumindest die Ausschußberichte 14 Tage vorher zur Verfügung stehen, und daher mit einer großen Wahrscheinlichkeit abgeschätzt werden kann, wie der Gesetzesbeschluß des Nationalrates, der noch zu fassen ist, lauten wird.

Tatsächlich war festzustellen, daß die Ausschußberichte durchwegs erst zwischen Mittwoch und Freitag der vergangenen Woche eingetroffen sind. Bei den Landtagen und Landesregierungen ist die Verständigung über die zur Beratung stehenden Gesetzesbeschlüsse teilweise gar erst gestern, also einen Tag vor den Ausschußberatungen, eingetroffen. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, daß unter solchen Umständen eine sachgemäße Prüfung und Beurteilung des Inhalts weder für die Länder noch für uns selbst möglich ist.


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