Bundesrat Stenographisches Protokoll 633. Sitzung / Seite 53

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12.34

Bundesrat Karl Drochter (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Vorerst möchte ich mich recht herzlich bedanken für die Anerkennung unseres Einsatzes als Gewerkschafter bei der Pensionsreform durch Bundesrat Kaufmann. Das geschieht nicht alle Tage, und ich schreibe das nicht ausschließlich dem Weihnachtsfrieden zu, sondern ich glaube, daß er als Vertreter der Wirtschaft etwa auch die Einsatzfreude ernst nimmt, daß es ernstgemeint war, als er das gemeinsam erzielte Ergebnis lobend herausstrich.

Ich kann aber seinen Ausführungen bezüglich Eigenvorsorge, Privatversicherung, Betriebspension nicht ganz folgen, und zwar nicht deshalb, weil wir das grundsätzlich ablehnen, sondern weil ich doch zu bedenken geben möchte, daß immerhin 90 Prozent der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer überhaupt keine Chance auf eine zweite und dritte Säule haben, weil sie sich persönlich die Eigenvorsorge nicht leisten können und weil sich die Betriebe die dritte Säule nicht leisten können; über 80 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer sind in Betrieben mit zwischen zwei und zehn Beschäftigten tätig. Sollte sich dies einmal ändern und die Arbeitnehmer, unabhängig von der Branche und vom Ort, an dem sie ihr Entgelt verdienen, so viel Geld verdienen, daß sie imstande sind, eine ordentliche Eigenvorsorge einzuzahlen, und sollten auch die Betriebe imstande und willens sein, nach dem Ausscheiden eine ordentliche Betriebspension zu gewährleisten, kann man sicherlich unter anderen Voraussetzungen auch über eine Ergänzung und Erweiterung eines Systems mit uns diskutieren. (Bundesrat Meier: Eine ganz wichtige Aussage!)

Es gibt derzeit 150 000 Arbeitnehmer, die eine Privatversicherung abgeschlossen oder eine Eigenvorsorge getroffen haben. Die Beträge, die in diesem Zusammenhang mit dem 60. und 65. Lebensjahr ausbezahlt werden, reichen von – das sind die meisten – 500 bis 600 S im Monat bis 10 000 S und 15 000 S.

Ähnlich schaut es bei den Betriebspensionen aus; auch das haben wir uns angesehen. Da reicht die Anzahl der Bezugsberechtigten von – da gibt es eine gewisse Unschärfe – 200 000 bis 250 000. Sie werden es nicht glauben: Hier gibt es regelmäßige monatliche Betriebspensionszahlungen von 100 S bis 1 000 S. Das sind ungefähr ... (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kaufmann. ) Lieber Herr Kollege Kaufmann! Wir sollten bei der Realität bleiben, die die Arbeitnehmer betrifft. Ich verschweige nicht, daß es natürlich eine ganz kleine elitäre Gruppe gibt, bei der die Betriebspension zwischen 10 000 S und 100 000 S im Monat beträgt. Aber das ist eine ganz kleine Gruppe, und wenn sich die Masse der Arbeitnehmer dieser Größenordnung zu 20 Prozent annähern kann, dann, so glaube ich, können wir die Gespräche darüber sehr ernsthaft beginnen.

Ein Hinweis noch: Durch das Umlageverfahren – dieses umfaßt all das, was die Arbeitnehmer jetzt in die Pensionsversicherungsformen einbringen – fließen zwischen 90 und 97 Groschen wieder an den Beitragszahler zurück. Wir wissen, daß das im Bereich der Eigenvorsorge oder der Privatversicherung bei weitem nicht diese Höhe erreicht, sondern maximal an die 75 Groschen – jeweils von 1 S. Das ist von mir nicht bösartig gemeint, damit das klar ist. Wenn jemand Kapital anlegt oder Aktionär einer solchen Versicherung ist, dann will er natürlich einen Ertrag haben.

Noch eine Anmerkung auch zum Rürup-Gutachten. Es hat sicherlich dem einen oder anderen Österreicher geholfen, über den eigenen Schatten zu springen oder über den eigenen Schrebergarten hinaus zu denken, aber ich sage auch dazu meine ganz persönliche Meinung. Das Rürup-Gutachten ist umfassend, lesenswert, aber es ist mit Sicherheit nicht gottgewollt. Unsere Aufgabe – unsere besondere Aufgabe als Gewerkschaftsbewegung in der Sozialdemokratie – ist es, Maßnahmen zu setzen, daß diese negativen Punkte nicht Wirklichkeit werden. Das ist uns bisher sehr gut gelungen. (Ruf bei der ÖVP: Vor allem den christlichen Gewerkschaftern!) Ja, ich habe damit wirklich kein Problem.

Einige Anmerkungen zu Kollegen Tremmel: Ich bin eigentlich froh, daß er – so wie das sein Parteikollege Gaugg vor 14 Tagen im Nationalrat gemacht hat – das Drei-Säulen-Modell nicht


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