Bundesrat Stenographisches Protokoll 633. Sitzung / Seite 79

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Wie erklären Sie das einem mittelständischen Unternehmer, der eine Betriebsprüfung hat? Nehmen Sie an, ein Unternehmer hat eine Betriebsprüfung, und der Betriebsprüfer stellt fest, daß etwas aufgrund der Gesetzeslage nicht 100prozentig gedeckt ist. Was macht der arme Mensch? – Er kann Rechtsmittel ergreifen und zu irgendeinem Obersten Gerichtshof gehen, wenn er nicht zufrieden ist. Ich habe es jedoch noch nie erlebt, daß man so etwas quasi per Gesetz repariert! Man kann natürlich auch, wenn bei einer Betriebsprüfung festgestellt wird, daß etwas nicht funktioniert, den Akt unter den Arm nehmen, ins Finanzministerium gehen und sagen: Bitte schön, regeln wir das!

Aber diesen Weg können wir doch nicht gehen! Sie merken doch selbst, meine Damen und Herren, daß das eine sehr ungleiche Behandlung ist! Das den Österreicherinnen und Österreichern zu erklären, ist insofern besonders schwierig, als man – das wird auch der Herr Finanzstaatssekretär einräumen – auf Steuereinnahmen verzichtet hat. Man hat darauf verzichtet, und im Zug der Betriebsprüfung festgestellte Mittel werden nicht fließen. In einer Zeit, in der man ständig versucht, die Steuern einzutreiben, verzichtet man in diesem Fall auf Steuern!

Ich wiederhole hier die Frage, auch wenn ich weiß, daß sie wegen des Steuergeheimnisses sicherlich nicht beantwortet werden wird: Es würde uns sehr interessieren, wie hoch der Ausfall für den Steuerzahler in diesem Zusammenhang gewesen ist. Vielleicht haben wir nicht das Recht zu dieser Frage. Es kann sein, daß es dem Bundesrat nicht zusteht, zu erfahren, wieviel an Steuern jetzt tatsächlich nicht bezahlt worden ist beziehungsweise was bezahlt hätte werden können, wenn man diese Anlaßgesetzgebung nicht vorgenommen hätte. – Ich räume ein, daß die Beantwortung einer solchen Frage aufgrund des Steuergeheimnisses schwierig sein mag.

Der Herr Finanzstaatssekretär hat den Abgeordneten – wie ich glaube – im Nationalrat gesagt, daß das ohnedies nur vier Kreditkartengesellschaften betrifft. Das habe ich im Protokoll gelesen. Das ist deshalb so "bemerkenswert", weil es insgesamt nicht mehr als vier Kreditkartengesellschaften gibt. Aber vielleicht haben manche Abgeordnete nicht gewußt, daß es eh nur vier Gesellschaften in Österreich gibt, und das war ihre einzige diesbezügliche Auskunft. – Soviel zum ersten Punkt.

Jetzt möchte ich noch ganz kurz etwas zu einer Sache anmerken, die einfach vom Gefühl her für den Steuerzahler irgendwie bedenklich ist, und zwar zur Frage einer Mutwillensstrafe. Ich hoffe, der eine oder andere von Ihnen hat auch § 112a gelesen. Es gibt nämlich jetzt auf einmal eine "Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafe", und zwar gemäß der Bundesabgabenordnung, also der BAO, in der diese Grundrechte geregelt sind. Dort steht in § 112a: "Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Abgabenbehörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht der Verschleppung der Angelegenheiten unrichtige Angaben machen, kann die Abgabenbehörde eine Mutwillensstrafe von 5 000 S verhängen." Es kann sich doch jemand bei der Stellung eines Antrages einmal irren oder irgendeinen kleinen Fehler machen! In den Erläuterungen steht dann noch: "Mutwillig nimmt die Behörde in Anspruch, wer sich im Bewußtsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und Zwecklosigkeit seines Anbringens an eine Behörde wendet, ...". Da wird man bestraft, wenn man sich ein bißchen irrt. Herr Kollege Jaud! Das gefällt Ihnen bestimmt auch nicht! Und es wird noch lustiger, denn da steht nämlich weiter: "... sowie wer lediglich aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt." Wer lediglich aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt! Könnt ihr euch so etwas vorstellen? (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Man verfaßt tatsächlich in ein Gesetz, daß jemand womöglich lediglich aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt! Das ist wirklich sehr lustig! Man hat diese Formulierung aus dem Allgemeinen Verfahrensgesetz übernommen, und demgemäß bekommt jemand, der lediglich aus Freude an der Behelligung einer Behörde handelt, eine Mutwillensstrafe.

Herr Staatssekretär! Was denkt man sich dabei, wenn man so etwas in ein Gesetz oder in die Erläuterungen schreibt? – Ich glaube nicht, daß das moderne Gesetzgebung ist, die uns irgendwie weiterbringt und die die Gesetze für den Bürger und vor allem für den Steuerzahler in schwierigen Zeiten verständlicher macht.


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