Bundesrat Stenographisches Protokoll 634. Sitzung / Seite 79

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die Tagesaktualität ist. Das ist, glaube ich, für ein Gesetz mit einer derartigen Tragweite ergänzungsbedürftig.

Ganz kurz zum Stellenbesetzungsgesetz, das Kollege Dr. Tremmel als Feigenblatt bezeichnet hat. Selbst wenn es nur ein Feigenblatt wäre (Bundesrat Dr. Tremmel: Unvollkommen!), wären Sie angesichts der Blößen, die auch Sie sich schon gegeben haben, gut beraten, sich zumindest eines solchen Feigenblattes zu bedienen. (Beifall bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

Auch das Stellenbesetzungsgesetz ist in gewisser Weise ein Signal, ein Wegweiser erwünschten Verhaltens. Herr Nationalratsabgeordneter Kier hat das meiner Ansicht nach im Nationalrat treffend umschrieben: Durch das Gesetz werde zwar niemand anständiger, aber es werde schwieriger, unanständig zu sein. – Das scheint mir eine sehr treffende Zusammenfassung zu sein.

Das Gesetz bringt zum einen eine Verbesserung der Transparenz hinsichtlich dessen, wer bestellt wurde, und jener, die ihn bestellt haben. Das ist allerdings lediglich ein Nachvollzug der Wirklichkeit, denn bisher war in jedem einzelnen Fall den Medien zu entnehmen, wer bestellt wurde, was dafür ausschlaggebend war und wer dem Aufsichtsrat angehört hat. Natürlich ist es wünschenswert, das zu verrechtlichen und nicht von der Beliebigkeit der Medienberichterstattung abhängig zu machen.

Ein weiterer, aber wesentlich gravierenderer Punkt und Fortschritt ist die Absicht und die Verpflichtung der Bundesregierung, Vertragsschablonen auszuarbeiten, mit denen sozusagen die Einkommenspyramide für Politiker weitergebaut und ergänzt wird.

Als kleinen Mangel möchte ich anmerken, daß von dem Anwendungsbereich dieser Vertragsschablonen ein Unternehmen mit Handlungsbedarf nicht erfaßt ist, nämlich der ORF. Er ist aber auf andere Art und Weise dem Gesetzgeber zugänglich, nämlich durch das Rundfunkgesetz. Ich habe die Erwartung, daß auch dort das nachvollzogen wird, was wir hier für andere Unternehmen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, machen.

Dieses Stellenbesetzungsgesetz hat eine nicht uninteressante verfassungsrechtliche Diskussion ausgelöst – es gab ja kein Begutachtungsverfahren dazu, es gab lediglich eine Befassung der Länder durch die Antragsteller im Nationalrat –, nämlich über die Frage, ob die Berufung auf die Bundeszuständigkeit, das Zivilrechtswesen zu regeln, ausreichend sei, um auch Gesellschaften im Eigentum von Ländern und Gemeinden zu erfassen, zumal bei diesen Kapitalgesellschaften beispielsweise durchaus jetzt differenziert wird: solche – ich sage es jetzt vereinfacht –, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, dann solche, die zwar auch im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, aber einer Gemeinde angehören, die nicht der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegt, und schließlich solche Kapitalgesellschaften, bei denen diese Voraussetzungen nicht zutreffen.

Für die Frage der Zustimmungspflichtigkeit ist es aber nicht relevant, weil das Ganze weder als Bundesverfassungsgesetz bezeichnet ist noch in seinem Ganzen als Verfassungsbestimmung. Es war im Jahre 1982, als erstmals ein solches Gesetz mit einem verwandten Inhalt beschlossen wurde, nicht relevant, weil es damals das Zustimmungsrecht des Bundesrates noch nicht gegeben hat.

Ich bin aber sehr dankbar dafür, daß jedenfalls davon ausgegangen wurde, daß die Verfassungsbestimmung, mit der die Länder zur Erlassung gleichartiger Regelungen hinsichtlich der Vertragsschablonen ermächtigt werden, als Verfassungsbestimmung gekennzeichnet wurde, und wir davon ausgehen, daß diese Verfassungsbestimmung der Zustimmung des Bundesrates bedarf, der ich, weil es im Vorverfahren, im Vorfeld der Meinungsbildung doch einen breiten Konsens mit den Ländern gegeben hat, gerne die Zustimmung geben werde. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.18

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. Ich erteile es ihr.


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