Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 25

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Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Herr Vizekanzler! Sie haben schon verschiedene Kooperationen mit den Bundesländern im Hinblick auf eine besondere Förderung angesprochen. In welcher Form wird diese Kooperation mit den Bundesländern bei der Entwicklung zukünftiger Initiativen angestrebt werden?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Österreich ist eines der wenigen föderalistischen Länder in der Europäischen Union. Bei uns sind die Bundesländer natürlich voll integriert und sowohl in die interministeriellen Kontakte, in die Ausarbeitung der Programme als auch in den Verhandlungsprozeß eingebunden. Es gibt einen eigenen Vertreter in Brüssel, Herrn Dr. Purtscher, der ebenfalls voll in den Verhandlungsprozeß integriert ist. Ich garantiere auch dafür, daß wir bei diesen für die Bundesländer und für die Regionen so wichtigen Gesprächen einen erstklassigen Informationszug gewährleisten.

Präsident Ludwig Bieringer: Danke.

Wir gelangen nunmehr zur 8. Frage. Es ist die des Herrn Bundesrates Dr. Peter Harring an den Herrn Bundesminister. Ich bitte den Anfragesteller, seine Frage zu verlesen.

Bundesrat Dr. Peter Harring (Freiheitliche, Kärnten): Sehr verehrter Herr Vizekanzler! Meine Frage lautet:

866/M-BR/98

Aus welchen konkreten Gründen sprechen Sie sich gegen eine gleichrangige verfassungsrechtliche Anerkennung der Altösterreicher deutscher Muttersprache in Slowenien als Volksgruppe aus?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Diese Frage hat mich, wenn ich das ganz ehrlich sagen darf, eigentlich geärgert, und zwar deswegen, weil sie eine unzulässige Unterstellung enthält, nämlich die Behauptung, ich hätte mich irgendwann, irgendwo gegen eine verfassungsrechtliche Anerkennung einer deutschsprechenden Volksgruppe oder der Altösterreicher oder der Gottscheer – wir bezeichnen all diese Gruppen mit dem zusammenhängenden Begriff "deutschsprechende Bevölkerung" – als Volksgruppe ausgesprochen. Das ist einfach nicht wahr. Es gibt keine solche Aussage von mir.

Ich weiß – das ist der entscheidende Punkt –, daß sich Slowenien bisher gegen jede Anerkennung über den individuellen Rechtsbestand, der jedem slowenischen Staatsbürger in Artikel 61 der slowenischen Verfassung garantiert ist, ausgesprochen hat. Das war bisher nicht verhandelbar. Mir ist am 16. Jänner nach vier- oder fünfmaligem Anlauf, nach bilateralen Verhandlungen, nach einem Vieraugengespräch und zahlreichen anderen Gesprächen mit dem neuen slowenischen Außenminister Frlec – in Kanada, in Sarajewo oder wo immer wir uns getroffen haben – ein entscheidender Schritt gelungen. Auch bei der PIC-Conference in Bonn habe ich mit Außenminister Frlec, den ich sehr schätze, gesprochen, und ich betone hier im Hohen Haus ausdrücklich, weil das nicht so selbstverständlich ist: Er ist der erste, der über die klassische slowenische Position hinausgegangen ist.

Ich habe mit ihm vereinbart, daß wir schrittweise vorgehen. Der erste Schritt soll darin bestehen, daß wir in einem gemeinsamen Kulturabkommen zwischen Slowenien und Österreich die kollektiven Rechte dieser deutschsprechenden Volksgruppe in Slowenien anerkennen und auch materiell fördern. Das Ganze soll durch die Errichtung einer österreichischen Schule in Laibach und durch materielle Hilfe für die Volksgruppe, die derzeit dabei ist, Vereine zu konstituieren, begleitet werden. Wir sind auch bereit, österreichischerseits ähnlich hohe Summen dazu


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