Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 58

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Die Zeit für eine Forderung "Weniger Sicherheit für Lehrer!" ist sicher günstig. Wenn in vielen Bereichen Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes herrscht, und man weiß, daß letztlich auch Qualifikation kein Garant mehr für einen sicheren Arbeitsplatz ist, vor allem ab einem gewissen Alter, dann ist es nicht verwunderlich, daß vermehrt Neid gegen Berufsgruppen aufkommt, die diese Unsicherheit nicht haben. Es ist für manche nicht einsichtig, warum es andere besser haben sollen.

Was aber das pragmatische Dienstverhältnis für beamtete Lehrer, für Beamte tatsächlich bringt und sichert, das wissen diese Kritiker und Neider meist nicht. Was machen sie uns zum Vorwurf?

Da wird einmal die Behauptung aufgestellt, pragmatisierte Lehrer könnten nicht entlassen werden, könnten nicht gekündigt werden. Beides stimmt nicht beziehungsweise nur bedingt. Es gibt ein Regulativ zur Entlassung jener, die sich etwas Gravierendes zuschulden kommen ließen, und es gibt auch ein Regulativ für Kündigung bei krasser Minderleistung.

Der Lehrer ist aber durch die Pragmatisierung in seiner unterrichtlichen Tätigkeit vor Willkür, zum Beispiel auch vor politischer Willkür – sagen Sie bitte nicht, das gibt es bei uns nicht, das gibt es in der heutigen Zeit nicht –, oder vor bestimmten Interesseneinflüssen geschützt. Und diesen Schutz – ich meine jetzt nicht den Schutz für Minderleister – muß man auch im Falle einer Abschaffung der Pragmatisierung wieder sichern.

Es wird auch behauptet, Pragmatisierte könnten nicht versetzt werden, und dadurch sei das ganze System so unflexibel. Das stimmt ebenfalls nicht. Es gibt genügend dienstliche Notwendigkeiten, nach denen eine Versetzung nicht nur unumgänglich, sondern auch möglich ist.

Ein weiterer Vorwurf: Pragmatisierte erhalten eine bessere Pension. Darauf brauche ich nicht näher einzugehen. Wir haben im Dezember im Bundesrat das 1. Budgetbegleitgesetz behandelt, das eine schrittweise Harmonisierung der Pensionssysteme bringen wird, und ihm auch zugestimmt.

Eine letzte Bemerkung, die ich auch immer wieder höre: Pragmatisierte verdienen besser. – Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe vorgestern einen Artikel in den "Salzburger Nachrichten" gelesen und möchte einen Satz daraus zitieren. Darin heißt es: Die Regierung will mit der Beamtengewerkschaft demnächst über eine weitgehende Abschaffung der Pragmatisierung verhandeln. Sie glaubt, daß Angestellte billiger sind als Beamte. Untersuchungen aus dem In- und Ausland sagen das Gegenteil.

Sollte die Pragmatisierung abgeschafft werden, werden wir als Lehrervertreter – ich kann aber nur für meinen Bereich sprechen – uns nicht dagegen stellen. Die Frau Ministerin weiß das. Wir sagen aber auch, wenn es soweit kommt, dann muß ein neues Dienstrecht geschaffen werden. Wir meinen auch, daß man sich vorher über den weiteren gesetzlichen Regelungsbedarf klar werden muß.

Es kann doch nicht so sein, daß man sagt: Es wird nicht mehr pragmatisiert!, und daß man der Meinung ist, die pragmatisierten Beamten oder Lehrer sterben einfach mit der Zeit ohnehin aus, und dann gibt es nur mehr das Vertragsbedienstetengesetz. Das genügt nicht, denn vieles, was den dienstlichen Bereich der Lehrer regelt, steht eben nur im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz.

Ich nenne nur ein Beispiel unter vielen: Es ist darin die Frage geregelt, wie ein Schulleiter ernannt wird, unter welchen Voraussetzungen er sich bewerben kann, in welche Reihung er hinsichtlich seiner Bewerbung gebracht wird und wie er dann Schulleiter wird. Wenn es aber keine Pragmatisierten mehr gibt, dann muß man das neu regeln. Wir haben in Oberösterreich jetzt schon die Situation, daß wir hauptsächlich im ländlichen Bereich vereinzelt Kleinschulen ausgeschrieben haben, für die es keinen Bewerber gegeben hat, weil es dort nur mehr Jüngere, noch nicht Pragmatisierte gibt. Diese hätten zwar Interesse, konnten sich aber aus rechtlichen Gründen nicht bewerben.


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