Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 95

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Hier fehlt es an Feingefühl und – wie ich fast sagen möchte – an Tierliebe seitens jener, die dieses Gesetz gemacht haben.

In § 7 Abs. 4 wird vorgeschrieben, daß die Innenwände von Transportmitteln aus Holz oder einem anderen geeigneten Material bestehen müssen. – Da frage ich: Wofür soll es geeignet und durch welche Eigenschaften soll es ausgezeichnet sein? Ich weiß sehr wohl, daß in England Eisenbahntransportwaggons für Rennpferde gepolstert sind. Die Rennpferde oder Turnierpferde sind oft besser dran als Menschen! Im vorliegenden Fall kommt es hauptsächlich darauf an, wohin welche Tiere zu welchen Zweck transportiert werden, wobei der Zweck des Transportes, daß das Tier letztlich eh getötet wird, nicht rechtfertigen soll, daß die Waggons eine rüde, harte Holzdrapierung haben. Übrigens sind die meisten Waggons sowieso mit Holz ausgeschlagen.

Was ist also ein geeignetes Transportmittel? – Es gibt wieder nichts, woran sich derjenige, der den Transport vornimmt, halten kann beziehungsweise ohnedies vielleicht gerne hielte, außer dessen persönlichen gesunden Menschenverstand, gepaart mit Tierliebe. Allerdings kann er Eisenbahnwaggons nicht selbst bauen, das ist nicht möglich. Er kann einen Lkw entsprechend ausstatten, nicht aber einen Eisenbahnwaggon, und das umso mehr, als die Eisenbahnwaggons derzeit noch – zum Glück oder nicht zum Glück, das bleibe dahingestellt – den Bundesbahnen oder den jeweiligen Landes- oder Staatsbahnen der Nachbarstaaten gehören und nicht privatisiert sind. Ob es dann besser würde, bleibt allerdings dahingestellt.

Weiters heißt es, daß den Tieren beim Verladen und Ausladen aus dem Transportmittel keine unnötigen Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt werden dürfen. Meine Damen und Herren! Was sind nötige Schmerzen? Ich frage mich: Kann man zu nötigen Schmerzen unnötige Schmerzen hinzufügen? – Würden wir alle hier uns bemühen, Tiere aufzuladen, dann würde das wahrscheinlich lange dauern, weil wir uns bemühen würden, den Tieren gar keine Schmerzen zuzufügen. Aber was sind unnötige Schmerzen? – Ich glaube, diese Formulierung des § 10 Abs. 1 zeigt den Gummiparagraphencharakter des Gesetzes!

Hier steht zum Beispiel, daß der Einsatz der Stromstoßgeräte auf das unbedingt notwendige Ausmaß zu beschränken ist. – Was ist denn das notwendige Ausmaß? Ich finde Stromstoßgeräte an und für sich widerlich, aber möglicherweise lassen sie sich bei vernünftigem Einsatz durchaus zweckmäßig verwenden. Aber wie? – Vielleicht muß für diejenigen, die die Tiere aufladen, ein entsprechender Kurs abgehalten werden. Es mag komisch tönen, aber der Transport von Tieren ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit, man darf dabei nicht nur an den Schlachthof denken.

In § 11 Abs. 3 heißt es: "Bei der Zugbildung und den Verschubbewegungen sind heftige Stöße der Transportmittel zu vermeiden." Heißt das, daß nur noch Sonderzüge zusammengestellt werden dürfen, damit es nicht zu Stoßbewegungen kommt? Das ist im Zusammenhang mit § 6 zu sehen, gemäß welchem im Hinblick auf die Transportdauer die Transportrouten so zu wählen sind, daß die Tiere so schnell wie möglich am Bestimmungsbahnhof ankommen. Bedeutet auch das, daß Sonderzüge für den Tiertransport verwendet werden sollen? – Das ließe sich nämlich daraus interpretieren!

Wenn man sich § 11 Abs. 3 in Verbindung mit § 6 ansieht und dann noch andere Regelungen betreffend den Tiertransport zu interpretieren versucht, dann ist es für uns nicht verwunderlich, daß die Tiertransporte auf Lkw verlegt werden. Denn bald wird es nicht mehr möglich sein, diese Transportmöglichkeiten gesetzeskonform zu lukrieren – im besten Sinne des Gesetzes, das eine Bandbreite hat, die ich darzulegen versuchte.

Meine Damen und Herren! Auf diese Art und Weise werden wir mit diesem Gesetz sicherlich nicht den Erfolg haben, den wir uns erhoffen. Wir werden einander aber heute wieder – mehr oder minder symbolisch – auf die Schulter klopfen und sagen: Wir haben gemeinsam ein gutes Gesetz zum Tierschutz und zum Tiertransport gemacht!

Wie schon angetönt: Der beste Tiertransport ist der Tottiertransport, der Transport der Tierhälften und der Fleischprodukte. Derzeit entspricht es aber den Tatsachen, daß ein Großteil der


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