Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 156

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worten hat, die so eingeschüchtert wurden, deren seelische Verwundungen so groß waren, daß sie gar nicht mehr die Kraft hatten, ihrem Peiniger entgegenzutreten.

"Bühne frei!" sagen der Herr Bundeskanzler und Sie, Herr Staatssekretär, für Ihren Günstling Otto Mühl, der keinerlei Einsicht in seine Tat, geschweige denn Reue zeigt. "Ich fühle mich total ungerecht behandelt", hat Herr Mühl in mehreren Interviews gesagt. Auf die Frage "Wie haben Sie sich denn durch das Gefängnis verändert?" antwortete Otto Mühl gestern im Fernsehen: "Ich bin noch geiler geworden." Auf die Frage "Gibt es etwas, was Sie nicht mehr tun würden? Gibt es etwas, was Ihnen leid tut?" antwortet Otto Mühl: "Ich möchte mich nur selbst glücklich machen."

"Bühne frei!" sagen Sie, Herr Staatssekretär, und der Herr Bundeskanzler für Ihren Günstling Otto Mühl, der sich als Opfer der Justiz betrachtet. "Das war die Rache der Justiz", sagt Otto Mühl, dem Sie für seine Anschüttungen der Justiz auf Kosten der Steuerzahler noch das Burgtheater andienen.

Ich muß im Zusammenhang mit Ihrer heutigen Anfragebeantwortung, Herr Staatssekretär, auch etwas über die Kosten dieses Abends sagen. Sie haben das jetzt sehr simpel und lapidar auf Kosten für ein Prospekt und ein Podest eingeschränkt. Sie haben wohlweislich vermieden, die Fixkosten eines solchen Abends im Burgtheater zu erwähnen. Vielleicht können Sie das noch nachholen. Das wäre sicherlich interessant.

Sie haben in Ihrer Anfragebeantwortung kein einziges Wort über jene Menschen verloren, die die Opfer dieses Mannes sind. Sie haben nur ein einziges Mal – ich habe sehr genau aufgepaßt – das Wort "Opfer" verwendet. Als es um die Entschädigung gegangen ist, darum, was die Republik für die Opfer Otto Mühls getan hat und nicht für Herrn Mühl, haben Sie gesagt: Es ist Aufgabe der Opfer, ihre Ansprüche durchzusetzen. – Das ist wirklich Zynismus. Da können Sie sich nicht auf irgendwelche haushaltspolitischen Richtlinien ausreden. Das ist eine Frage der Humanität und der Menschlichkeit, und da haben Sie total versagt, Herr Staatssekretär, Sie und der Herr Bundeskanzler, der diese Kunstangelegenheiten zur Chefsache gemacht hat. Ich möchte einmal wissen: Wo ist der Herr Bundeskanzler, wenn es um solche Diskussionen geht? Wo hat denn der Herr Bundeskanzler einmal das Wort in dieser Sache ergriffen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie sagen, es ist die autonome Entscheidung eines Bundestheaters, den Spielplan zu bestimmen, dann muß ich sagen: Sehr richtig! Da gebe ich Ihnen völlig recht, und daran soll man auch bei Gott nichts ändern. Wenn allerdings diese autonome Entscheidungsfähigkeit von den Verantwortlichen mißbraucht wird, mißbraucht wird von Ihrem Günstling Peymann, um so etwas zuzulassen, dann sind Sie gefordert, denn sonst brauchen wir keinen Kunstminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Fall brauchen wir überhaupt kein Kunstressort – weder bei Ihnen noch beim Herrn Bundeskanzler –, sondern dann geben wir das Steuergeld Herrn Peymann und sagen ihm: Tun Sie damit, was Sie wollen. Das kann es wohl nicht sein, Herr Staatssekretär!

"Bühne frei!" sagen der Herr Bundeskanzler und Sie, Herr Staatssekretär, für Ihren Günstling Otto Mühl, der alles ablehnt, was diesen Rechtsstaat ausmacht, der sagt: "Ich bin voll Haß gegen jede Institution." – Das ist Anarchie. Das ist etwas, das er nicht vorher in der Friedrichshof-Kommune gesagt hat, sondern etwas, das er nach seiner Haftentlassung gesagt hat. – Soviel zur Resozialisierung des Herrn Mühl.

"Bühne frei!" sagen der Herr Bundeskanzler und Sie, Herr Staatssekretär, für Ihren Günstling Otto Mühl, der nicht das Geringste zur Wiedergutmachung an seinen Opfern unternommen hat, der kein Wort der Entschuldigung über seine Lippen gebracht hat, der im Gegenteil seine Opfer noch verhöhnt, wenn er sagt: "Ich wollte ja auch etwas Gutes machen. Die Mädchen" – hat er gestern gesagt – "waren ja schon gut entwickelt und recht knusprig." – Ja wird Ihnen da nicht schlecht, Herr Staatssekretär, wenn Sie so etwas hören? Berührt Sie das überhaupt nicht, wenn ein Mann, den Sie fördern und dem Sie staatliche Bühnen zur Verfügung stellen, so etwas sagt?


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