Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 155

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und Sie haben auch die politischen Konsequenzen zu ziehen. Daß Sie hier ein politisches Klima hofieren und fördern, das all diese Dinge möglich macht, machen wir Ihnen zum Vorwurf.

Es hat auch in der Tageszeitung "Die Presse" einen Artikel gegeben, in dem sich ein Augenzeuge beziehungsweise Zeitzeuge aus der Kommune Friedrichshof zu Wort gemeldet und die Zustände, die dort vorherrschten, geschildert hat. Ich darf zitieren:

"Otto Mühl hat weit mehr Vergehen wider die Menschlichkeit und menschliche Würde begangen, als deren er verurteilt wurde. Neben den Taten, deren er verurteilt wurde, hat er versucht, durch ein perfides System des Psychoterrors viele Mitglieder, vor allem auch Kinder und Jugendliche, seelisch zu zerbrechen, und sich auf psychische und materielle Kosten seiner Untergebenen ein feudales Leben geleistet. ... Die Jugendlichen und Kinder des Friedrichshofes sind seine wirklichen Opfer. ... Es zeigt sich im Verhalten von Mühl die Parallele zu so vielen ideologischen Führern von Sekten, faschistoiden Gruppierungen, aber auch zum untergegangenen Kommunismus."

Sie sehen also, Herr Staatssekretär, daß diese ganze Lebensform, die von Ihnen verteidigt und als Experiment verharmlost wird, durchaus auch von den betroffenen Menschen richtig gesehen wird. Die Doppelbödigkeit Ihrer Politik wird dadurch deutlich, daß es einerseits über Wochen und Monate hinweg in unserem Staat unwidersprochen eine Debatte gibt, in der unstrittig ein vehementer Kampf gegen Kindesmißbrauch und Kinderpornographie gefordert wird, aber andererseits von der Bundesregierung eine solche Situation geradezu herbeigeführt und dann auch noch verharmlost wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Bundesregierung beschließt auf der einen Seite großartige sogenannte Familienpakete und spricht von 10 bis 15 Milliarden Schilling, die jetzt eingesetzt werden, doch auf der anderen Seite fördert sie jede Einrichtung und jeden politischen, gesellschaftlichen Zug, der die Institution Familie in den Dreck zieht.

Herr Staatssekretär! Wir Freiheitliche protestieren gegen diese Ihre Politik. Merken Sie sich, daß die Freiheit der Kunst für uns und eigentlich – so meinen wir – für jeden anständigen Menschen dort enden muß, wo sie verantwortungslos in das Leben anderer Menschen eingreifen möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.49

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste ist Frau Bundesrätin Dr. Riess-Passer zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.49

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich gerne den vielen richtigen Äußerungen, die heute von diesem Podium aus schon zu hören waren, anschließen und noch einmal in aller Deutlichkeit darauf aufmerksam machen, wie mit diesem "Phänomen" – wie Sie es so schön gesagt haben – Otto Mühl umgegangen wird.

Man braucht nur die Schlagzeilen einiger Medien aus der letzten Zeit anzuschauen. Es gab Schlagzeilen wie: "Mühl ist frei!", "Mühl-Großevent im Burgtheater", "Die Burg und der Häfenliterat", "Comeback des Aktionisten, geläutert und provokant", "Bühne frei für Otto Mühl".

"Bühne frei!" sagen der Herr Bundeskanzler und Sie, Herr Staatssekretär, für Ihren Günstling Otto Mühl. Man muß immer wieder darauf hinweisen, daß Sie, wie auch aus Ihrer Anfragebeantwortung zu erkennen war, bedauerlicherweise die Schwere dieser Verbrechen offensichtlich nicht erkannt haben. Denn Sie haben uns heute hier einen Vortrag über die Verdienste des hervorragenden, unvergleichlichen Künstlers Otto Mühl gehalten. Sie haben aber kein Wort über dessen Opfer verloren, über die Opfer eines Mannes, der wegen Unzucht, Beischlaf mit Minderjährigen, Vergewaltigung und Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses verurteilt wurde.

Sie und der Herr Bundeskanzler sagen "Bühne frei!" für Ihren Günstling Otto Mühl, der zusätzlich zu den vom Gericht nachgewiesenen Fällen noch zahlreiche weitere Opfer zu verant


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