Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 167

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Die Zunahme insbesondere der grenzüberschreitenden Kriminalität aufgrund des zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika nunmehr bestehenden visafreien Reiseverkehrs und der erhöhten Mobilität der Bürger beider Staaten hat zu einer beträchtlichen Zunahme der gegenseitigen Rechtshilfeanträge geführt. Die Zunahme des Rechtshilfeverkehrs hat es erforderlich scheinen lassen, die Rechtshilfe in Strafsachen auf eine gemeinsame vertragliche Grundlage zu stellen.

Im vorliegenden Vertrag wird insbesondere auf die Unterschiedlichkeit der beiden Rechtssysteme Bedacht genommen, wobei durch eine wesentliche Regelung zwischen den beiden Vertragspartnern festgelegt ist – das wurde von Kollegin Kainz im Ausschuß bereits angesprochen –, daß Österreich Personen nur dann ausliefert, wenn feststeht, daß für diese die Todesstrafe nicht in Betracht kommt. In diesem Punkt hat Österreich wirklich eine bahnbrechende Funktion übernommen.

Der Vertrag sieht die Leistung umfassender Rechtshilfe zwischen den Vertragspartnern vor, wobei die Rechtshilfe unabhängig davon zu leisten ist, ob die gegenständlichen Handlungen auch nach dem Recht des ersuchenden Staates gerichtlich oder verwaltungsrechtlich strafbar sind.

Dieser Vertrag bedarf gemäß Artikel 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG der Zustimmung des Bundesrates, da der Vertrag auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt. Das trifft vor allem auf die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallenden Verwaltungsstrafen zu.

Der Abschluß dieses Vertrages über die Rechtshilfe in Strafsachen zur Schaffung vertraglicher Grundlagen und verfahrensrechtlicher Voraussetzungen für den bilateralen Rechtshilfeverkehr in Strafsachen ist, wie ausgeführt, eine unbedingte Notwendigkeit. Meine Fraktion wird daher diesem Vertrag gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

20.48

Präsident Ludwig Bieringer: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Hedda Kainz. – Bitte.

20.48

Bundesrätin Hedda Kainz (SPÖ, Oberösterreich): Meine Damen und Herren! Auch ich werde versuchen, mich kurz zu fassen, obwohl diese Materie zu der heute – streckenweise berechtigterweise – sehr emotional geführten Diskussion durchaus einen Bezug hat.

Eingangs eine Richtigstellung: Es geht natürlich nicht um Fragen der Auslieferung, sondern um Fragen der Rechtshilfe.

Mein Vorredner hat die konkreten Inhalte bereits angesprochen. Erlauben Sie mir daher, auf das Bezug zu nehmen, was bereits in der diesbezüglichen Debatte, die wir heute hier geführt haben, Bedenken ausgelöst und auch mir einiges Unbehagen bereitet hat, nämlich auf die Verschärfung von Strafbedingungen, die im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag weit über das hinausgehen kann, was man gemäß seinem Rechtsempfinden in einem Rechtsstaat noch als angemessen empfindet.

Es sind Bedenken auch von den Vertretern der Freiheitlichen Partei dahin gehend geäußert worden, daß in diesem Zusammenhang Eingriffe in die österreichische Souveränität stattfinden können, und zwar in der Form, daß wir aufgrund dieses Vertrags zwingend an einem völlig anderen und sehr differenziert zu sehenden Rechtssystem teilnehmen müssen, nämlich am in den einzelnen Bundesstaaten unterschiedlichen amerikanischen Strafrecht, und das vor dem Hintergrund, daß in den Vereinigten Staaten seit 1976 in 38 Staaten die Todesstrafe wieder eingeführt wurde.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur ganz kurz darauf verweisen, daß es sich nicht nur in den USA so verhält. Jedenfalls kann aber nach unserem Rechtsempfinden die Todesstrafe keine angemessene Zielsetzung für den Strafvollzug darstellen. Derzeit sind wir mit der Situation konfrontiert, daß in 94 Staaten die Todesstrafe nicht nur im Strafrecht vorgesehen ist, sondern


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