Bundesrat Stenographisches Protokoll 636. Sitzung / Seite 168

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auch exekutiert wird; darunter befinden sich sechs Staaten, in denen die Todesstrafe auch an Jugendlichen unter 18 Jahren exekutiert wird.

In den USA wird, wie gesagt, in 38 Staaten die Todesstrafe vollstreckt. Seit 1976 wurde in 432 Fällen per Todesstrafe exekutiert, davon allein in Texas 144mal, und die Tendenz ist steigend. Ich weiß schon, daß Sie mir jetzt entgegenhalten werden, daß das mit der Zunahme der Straftaten und der Verurteilungen an und für sich korrespondiert. Ich halte es dennoch für einen äußerst beängstigenden Umstand, daß 1996 95 und 1997 bereits 71 Exekutionen stattgefunden haben, wobei seit 1990 in den USA sechs Jugendliche exekutiert wurden.

Gott sei Dank gingen die Aussagen des Herrn Bundesministers in bezug auf den europäischen Raum und auf Österreich in die andere Richtung, daß nämlich in Europa und vor allem in Österreich in der Strafrechtspflege auf den Schutz der Gesellschaft, aber auch auf die mögliche Wiedereingliederung der Straftäter Wert gelegt wird.

Meine Damen und Herren! Der Schutz der Gesellschaft ist heute hier in vielfältiger Weise angesprochen worden. Ich meine, daß wir selbstverständlich einerseits den Schutz der Gesellschaft in den Vordergrund stellen müssen, andererseits aber auch mildernde Umstände für die Täter nicht völlig außer acht lassen können.

Gerade in den letzten Tagen wurde der Fall der verurteilten Tucker, einer Doppelmörderin, plakativ durch die Medien gezerrt: Ich glaube auch, daß man die Tat grundsätzlich nicht verharmlosen darf, meine aber, daß man auch Prozesse zur Wiedereingliederung durchaus gelten lassen muß. Keinesfalls kann jedoch eine auch noch so abscheuliche Tat die Verhängung der Todesstrafe rechtfertigen, die nach meiner Einschätzung legalisierten Mord bedeutet.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einen Hinweis vorbringen: In bezug auf die USA sind wir mit der bedrückenden Tatsache konfrontiert, daß dort mehr Geld für Gefängnisse als für Bildung ausgegeben wird. Meine Damen und Herren! Ich glaube, der korrespondierende Zusammenhang sollte in diesem Fall auch nicht untergehen. In den USA heißt ein Großteil der Bevölkerung die Todesstrafe und auch deren Vollstreckung gut; wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, sind es in Texas 74 Prozent der Bevölkerung. Wenn ich das berechtigte Anliegen und den Schmerz der Angehörigen der Opfer in Betracht ziehe, dann habe ich für harte Aussagen durchaus Verständnis. Ich glaube jedoch nicht, daß die Annahme berechtigt ist, daß nach der Exekution eines Todesurteiles die Gesellschaft besser geworden ist.

Meine Damen und Herren! Diese Bedenken müssen wir auch im Zusammenhang mit dem an und für sich richtigen und notwendigen Rechtshilfevertrag gegenüber den USA immer wieder zur Sprache bringen. Österreich unterhält zu den USA gute Beziehungen. Daß wir an und für sich Rechtsverhältnisse, die durchaus ihre Begründung in der Autonomie der einzelnen Staaten haben, sehr wohl akzeptieren und unterstützen, beweist der Abschluß dieses Vertrages. Ich meine aber, daß wir uns dennoch anmaßen können, auszudrücken, daß Todesstrafe weder verhängt noch vollzogen werden darf, und ich bin froh, daß eindeutig klargestellt wurde, daß im Rahmen dieses Vertrages eine Auslieferung, wenn die Todesstrafe verhängt werden könnte, nicht in Frage kommt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.55

Präsident Ludwig Bieringer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Beschluß des Nationalrates vom 22. Jänner 1998 betreffend einen Vertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Rechtshilfe in Strafsachen samt Formblätter.


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