Bundesrat Stenographisches Protokoll 640. Sitzung / Seite 56

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schützen müssen. Schließlich gibt es auch ethische Grenzen, die wir nicht überschreiten dürfen, nämlich dort, wo Menschenrechte und Persönlichkeitsrechte berührt werden.

An dieser Stelle sei auch ein klares Nein zur Anwendung der Gentechnologie an den Menschen und auch an den Tieren ausgesprochen. Wir müssen erklären und aufklären. Wir müssen verdeutlichen, daß der Einsatz der Gentechnik von kritischen Wissenschaftern unter großen gesetzlichen Auflagen und unter scharfer Kontrolle erfolgt. Wir sollten nicht so tun, als seien wir die einzigen, die die Gentechnik hinterfragen und ihre Risken abschätzen. Die Diskussion läuft international auf Hochtouren, oftmals schon sehr viel länger als bei uns. Deshalb wird die Fraktion der Österreichischen Volkspartei diesem Gesetz auch die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

12.15

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Mag. Günther Leichtfried das Wort. – Bitte.

12.15

Bundesrat Mag. Günther Leichtfried (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Es ist schon phantastisch, auf dem Gehsteig einer stark belebten Straße stehenzubleiben, um die vielen Menschen zu betrachten, die an einem vobeigehen – oder besser gesagt: vorbeihasten –: Jeder ist anders, und es gibt eine ungeheure Vielfalt, die wohl schon jedem von uns bewußt geworden ist, wenn er seine Umgebung mit offenen Augen wahrgenommen hat.

Aber was ist schon die Vielfalt des menschlichen Aussehens gegen die Natur überhaupt – von den kleinsten Einzellern angefangen bis hinauf zu den höchstorganisierten Lebewesen? – All diese Vielfalt ist in einer unscheinbaren, bis vor wenigen Jahrzehnten noch sehr geheimnisvollen Substanz gespeichert, die wir als DNA bezeichnen. Sie ist der Träger der Erbinformation und der Formenspeicher des Lebens.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wen wundert es da, daß die Vielfalt und die Wirkungsweise dieser Substanz und auch die Veränderungsmöglichkeiten, die in ihr liegen, näher untersucht und näher erforscht werden und daß die natürliche Neugierde der Wissenschafter auch hier voll zum Tragen kommt?

Gentechnologie beherrscht seit etwa zwei Jahrzehnten die wissenschaftliche und auch die politische Diskussion. Diese Technologie kann aber, wie jeder Zweig einer Wissenschaft – das ist heute schon mehrmals betont worden –, nur dann zum Vorteil der Menschen beitragen, wenn sie von einer Verantwortung für den Mitmenschen getragen wird, sowohl für die Mitmenschen von heute als auch für jene der Zukunft. Da der Mensch die Umwelt nicht beliebig manipulieren, sondern nur harmonisch mit ihr leben kann, trägt er auch die Verantwortung für diese Welt und die Zukunft als Ganzes.

In dieser Verantwortung – das glaube ich, feststellen zu können – liegen meiner Meinung nach auch die beabsichtigten Veränderungen des Gentechnikgesetzes. Heinz Gradwohl, der Landwirtschaftssprecher der Sozialdemokraten, hat in einem Artikel in der Parlamentsbeilage der "Wiener Zeitung" gemeint: Die Chancen der Gentechnologie soll man nützen, die Risken ausschließen. – Dem kann ich mich voll anschließen, wenn uns tatsächlich bewußt ist, in welchen Bereichen unsere Chancen und in welchen die besonderen Risken liegen.

Über 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher haben das Gentechnik-Volksbegehren unterschrieben. Die Forderungen dieses Volksbegehrens – ich möchte sie trotzdem nochmals wiederholen, obwohl sie allen bekannt sind – richteten sich gegen den Einsatz gentechnischer Methoden im Lebensmittelbereich, gegen die Patentierbarkeit des Lebens und gegen die Freisetzung genmanipulierter Organismen. Sie richteten sich aber nicht gegen die Gentechnik als solche. Diese wird auch von den meisten Menschen in Österreich nicht abgelehnt – wissend, daß viele Bereiche, wie der Bereich der Medizin, der Entwicklung der Medikamente, der Forschungsbereich und andere mehr, für den Menschen von großer Bedeutung sind und in Zukunft


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