Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 66

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Man hat sich aber entschlossen, ein Sondergesetz analog dem Bundesverfassungsgesetz zum Beitritt Österreichs zur EU vorzulegen.

Die Kritik des Kollegen Böhm ist sicher in manchen Punkten berechtigt, aber, Kollege Böhm, Sie haben auch keine entsprechende Alternative anbieten können, mit Ausnahme einer Volksabstimmung. Aber diese hatten wir schon beim Beitritt zur EU, als es um viel grundlegendere und viel weitreichendere Entscheidungen gegangen ist als jetzt beim Vertrag von Amsterdam, bei dem es im Endeffekt nur um eine Weiterführung des Vertrages von Maastricht geht. Gerade der Vertrag von Maastricht ist bereits einer Volksabstimmung unterzogen worden.

Was die Möglichkeit betrifft, die Sie angeschnitten haben und die in der Verfassung vorgesehen ist, gemäß Artikel 50 Bundes-Verfassungsgesetz jede einzelne Bestimmung, die verfassungsrechtlich relevant ist, in den Verfassungsrang zu heben, haben Sie sich schon selbst die Antwort gegeben, nämlich daß es rechtstechnisch nicht möglich gewesen wäre, das in dieser Weise durchzuführen, weil die Gefahr bestanden hätte, daß man gewisse Bestimmungen übersehen hätte. Es wäre auch nicht möglich gewesen, dies in relativ kurzer Zeit umzusetzen.

Daher hat sich der Gesetzgeber für diesen Schritt entschieden, wobei eine qualifizierte Mehrheit sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat vorgesehen ist, mit einem entsprechenden Zustimmungsrecht des Bundesrates.

Im Hinblick auf die bevorstehende Präsidentschaft – es sind, so glaube ich, nur mehr 26 Tage bis dahin – erübrigt es sich, eine lange akademische Diskussion abzuführen, welcher Schritt besser gewesen wäre. Ihr Kollege Brauneder schlägt eine eigene Verfassungsbestimmung entsprechend dem deutschen Grundgesetz vor. Ich glaube aber, daß der eingeschlagene Weg, nämlich einerseits ein quasi Ermächtigungsgesetz zur Ratifizierung – man sollte es nicht so nennen – zu beschließen, dann ein zweites Mal über diesen Vertrag zu diskutieren, das Parlament also zweimal mit dem Vertrag von Amsterdam zu befassen, verfassungskonform ist.

Nun zur Vorgeschichte des Vertrages von Amsterdam. Ich glaube, man sollte dies schon erwähnen, obwohl mir bewußt ist, daß wir noch Gelegenheit haben werden, über die einzelnen Bestimmungen zu diskutieren.

Bereits im Vertrag von Maastricht war vorgesehen, daß in einer weiteren Regierungskonferenz ab 1996 eine Reihe von Vertragsbestimmungen im Lichte der inzwischen gewonnenen Erfahrungen neuerlich überprüft werden sollte. Insbesondere dachte man vorerst an die Bereiche Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Zusammenarbeit Inneres und Justiz. Wie notwendig eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik heute schon wäre, sieht man derzeit im schwelenden Kosovo-Konflikt. Das heißt, wir sollten keinen Tag länger mit der Ratifizierung und Beschlußfassung dieses Vertrages zuwarten.

Erst im nachhinein sind weitere Bereiche wie Soziales, Beschäftigung, Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, die Diskussionen um die Erweiterung der EU und damit verbunden auch um die institutionellen Reformen der EU dazugekommen.

Es war der Europäische Rat von Turin 1996, der drei Themenbereiche vorgegeben hat: eine bürgernahe Union, eine Reform und Vereinfachung in Richtung einer demokratisch und effizienter arbeitenden Union und die Stärkung der Handlungsfähigkeit der Union nach außen. Auch der Bundesrat hat sich im Vorfeld dieser Regierungskonferenz mit der Weiterentwicklung des Vertrages von Maastricht beschäftigt. Es waren die Landeshauptleute, die Landtagspräsidenten und am 29. Februar 1996 der Bundesrat, der eine Entschließung zu der vorher erwähnten EU-Regierungskonferenz mit drei Hauptforderungen gefaßt hat: Wie schaut die künftige Stellung des Ausschusses der Regionen aus? Wie schaut der Ausbau des Subsidiaritätsprinzips aus, und welche künftige Rolle haben die einzelstaatlichen Parlamente?

Mein Vorredner hat schon darauf hingewiesen, gerade Österreich konnte im Vertrag von Amsterdam zahlreiche Zielsetzungen verankern: im Bereich der Umwelt, Grundrechte, Gleich


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