Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 78

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Diesem Anspruch wurde die sogenannte Besoldungsreform jedoch in keiner Weise gerecht. Die Besoldungsreform erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen, nämlich Steigerung der Leistungseffizienz, hohe Mobilität, bei weitem nicht. Vielmehr brachte sie einen Ausbau des Dienstaltersprinzips, einen Abbau des Rechtsschutzes – ich weise nur auf die Versetzungsmöglichkeiten hin –, eine Abkehr vom Leistungsgedanken und mangelnde Transparenz bei der Bewertung der Arbeitsplätze. Die Unzulänglichkeit der Besoldungsreform zeigt sich seit ihrem Inkrafttreten immer wieder allein durch die Notwendigkeit – heute haben wir es wieder – ständiger Novellierungen zur Bereinigung offenkundiger Fehler und Fehleinschätzungen.

Von Regierungsseite wurde daher seit Jahren immer wieder eine Dienstrechtsreform angekündigt, wobei einmal von einem Bundesarbeitnehmergesetz, dann von einem Bundesangestelltengesetz und später wieder von einer Reform des Vertragsbedienstetengesetzes gesprochen wurde. Bis jetzt ist von all dem nichts – auch nicht ansatzweise – verwirklicht worden. Die Verhandlungen zwischen Regierung und Gewerkschaft blieben eigentlich bisher ohne Ergebnis und ohne irgendein Echo, das in die Vorlagen Eingang gefunden hätte. Die vor kurzem vom Nationalrat beschlossene 1. Dienstrechts-Novelle 1998 zeigt das Dilemma deutlich. Allein der Umfang – ich habe die 55 Punkte genannt – dieser Novelle erweckt den Eindruck, daß hier umfangreiche grundsätzliche dienstrechtliche Neuerungen stattfinden. (Präsident Gerstl übernimmt den Vorsitz.)

In Wahrheit zeigt sich, daß in kasuistischer Weise eine Unzahl von dienst- und besoldungsrechtlichen Bestimmungen adaptiert werden mußte, weil die bisherige Rechtslage ganz einfach unzulänglich ist. Dabei wird in den Erläuternden Bemerkungen sogar darauf hingewiesen, daß die Änderungen oftmals nur in einem einzigen Fall oder in ganz wenigen Fällen von Bedeutung sind. Das geltende Dienstrecht ist kasuistisch, kompliziert, nur mehr für wenige Experten durchschaubar, in weiten Teilen von der Verwaltung kaum noch nachvollziehbar und für die betroffenen Bediensteten nahezu unverständlich.

Ich darf hier noch auf einen Punkt, den ich in meiner Einleitung dargelegt habe, verweisen. Eine der maßgeblichen Bestimmungen ist die Einfügung der Regelung, daß eine Dienstbehörde zur Heranziehung des Bundespensionsamtes als Gutachter beim Dienstrechtsverfahren betreffend die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit geschaffen werden soll. Das Bundespensionsamt kann sich dabei bestimmter Ärzte bedienen. Zur Wahrung der Einheitlichkeit der ärztlichen Beurteilung ist vom Bundespensionsamt ein leitender Arzt heranzuziehen. De facto wird mit dieser Bestimmung – unter Hinweis auf verschiedene gegebene Beurteilungsmöglichkeiten – der Vertrags- und Vertrauensarzt diskriminiert. Es wird ihm de facto unterstellt, daß er möglicherweise Gefälligkeitsgutachten macht. – Ein Bereich.

Ein weiterer Bereich. Es wurde erwähnt, daß das Dienstrecht entsprechend angepaßt werden sollte. Im Bereich "Änderung des Bundestheaterpensionsgesetzes, Ruhegenußbemessung und Ruhegenußermittlungsgrundlage", § 5 Abs. 2, heißt es unter anderem: Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den zeitlichen Ruhestand und dem Ablauf des Monats liegt, in dem der Bundestheaterbedienstete frühestens Anspruch auf Versetzung in den dauernden Ruhestand gehabt hätte, ist die volle Ruhegenußbemessungsgrundlage von 80 Prozent um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen.

Wenn Sie das Kürzungsmodell mit anderen Pensionsmodellen, etwa mit dem der Lehrer, vergleichen, dann sehen Sie, daß es sich dabei um eine ganz erhebliche Ungleichbehandlung handelt. Ich frage mich, wie ein Beamter an die Gleichbehandlung, an die Rechtskraft des Gesetzes, daß jeder gleich behandelt werden soll, glauben kann, wenn es zu solchen Bestimmungen kommt.

Hannes Taborsky schreibt im Blatt "Gewerkschaft Öffentlicher Dienst", wie über diese Novellierung gesprochen wurde. "Umso größer war die Verwunderung in diesem" – also im beamteten – "Berufsstand, als es anläßlich der Debatte um die Reform des Pensionssystems zu einer beispiellosen Schmutzkübelkampagne gegen den österreichischen öffentlichen Dienst kam." – Soweit eine der Feststellungen dieses Artikels.


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